Zwischen Rücken- und Gegenwind – was Anleger für 2025/2026 wissen sollten
2025 war ein Jahr der Gegensätze: Starkes Wachstum trifft auf geopolitische Unsicherheiten. Zinspolitik, Handelsspannungen und überbewertete Highflyer verlangen Aufmerksamkeit. Europa bietet weiterhin Perspektiven, und ein Friedensszenario in der Ukraine könnte den Märkten Rückenwind geben. Für 2026 gilt: Rational bleiben, regional diversifizieren und das Depot an die neue Großwetterlage anpassen.
Heiko Böhmer

Das Börsenjahr 2025 ist weit fortgeschritten – Zeit für einen nüchternen Blick zurück und nach vorn. Denn so viel ist sicher: Die Luft wird dünner. Zwar haben viele Anleger ein gutes Jahr hinter sich, doch die Risiken mehren sich. Unser damaliger Ausblick im Januar 2025 war bereits von einer gewissen Skepsis geprägt – und das nicht ohne Grund:
Trump 2.0 – mehr als nur Wahlkampfgetöse?
Die zweite Amtszeit von US-Präsident Donald Trump warf lange Schatten voraus. Es hatte reale wirtschaftspolitische Konsequenzen. Anleger taten gut daran, geopolitische Risiken sowie mögliche handelspolitische Eskalationen auf dem Radar zu behalten. Trumps Rhetorik und die Aussicht auf eine erneute protektionistische Agenda könnten den internationalen Handel weiterhin belasten – mit entsprechenden Folgen für Inflation und Unternehmensgewinne.
Zinswende: schon vorbei?
Zumindest in den USA mehrten sich die Anzeichen, dass der Zinshöhepunkt erreicht sein könnte. Das barg zwar Chancen für zinssensitive Sektoren – etwa Immobilien oder Technologiewerte –, aber auch ein nicht zu unterschätzendes Enttäuschungspotenzial. Wer hier auf eine zu rasche Lockerung gesetzt hatte, konnte auf dem falschen Fuß erwischt werden.
Highflyer mit Absturzgefahr?
Ein weiteres Risiko: Die Überflieger der letzten Jahre – allen voran die großen Tech-Werte – haben hohe Erwartungen eingepreist. Wer Anfang 2025 noch eingestiegen ist, der musste sich bewusst sein: Das Enttäuschungspotenzial ist erheblich.
Europa: Renaissance oder nur ein Zwischenhoch?
Die Wall Street hatte schon Ende 2024 etwas an Schwung verloren – das öffnet die Bühne für Europa. Und tatsächlich: Viele europäische Aktien sind im Vergleich zu ihren US-Pendants attraktiver bewertet. Das gilt immer noch. Doch das allein ist jedoch kein Garant für steigende Kurse. Auch in Europa bleibt die wirtschaftliche Dynamik verhalten, trotz ambitionierter Investitionsprogramme.
Szenario mit Potenzial: Ein Frieden in der Ukraine
Kaum jemand traut sich, laut darüber zu sprechen, aber es gehört zur Wahrheit dazu: Ein nachhaltiger Friedensprozess in der Ukraine würde ungeahntes Börsenpotenzial freisetzen – durch Wiederaufbau, Investitionen und einen psychologischen Schub für europäische Märkte. Das war eine Erkenntnis zu Jahresbeginn – die auch jetzt noch gilt.
Ausblick 2026: Rückenwind trifft auf Gegenwind
Auch für das kommende Jahr ist kein Selbstläufer zu erwarten. Es bleibt ein Wechselspiel zwischen positiven Impulsen und störenden Störfeuern.
Rückenwind kommt von...
- Staatlichen Investitionsprogrammen, die weltweit auf Hochtouren laufen. Sowohl in den USA als auch in Europa wird in Infrastruktur, Digitalisierung und Energiewende investiert.
- Weiter steigenden Ausgaben für KI-Infrastruktur. Hier entstehen völlig neue Märkte – ein struktureller Trend, der bleibt.
Gegenwind droht durch...
- Die wieder aufflammende US-Zollpolitik. Sollte der protektionistische Kurs zurückkehren, könnte dies erneut inflationäre Effekte auslösen.
- Anhaltend hohe geopolitische Spannungen – ob China/Taiwan, Nahost oder Russland/Ukraine – sie bleiben ein ständiges Damoklesschwert für globale Lieferketten und Investorenvertrauen.
Zwei Regionen, zwei Fragen
In den USA steht das Spannungsfeld aus Arbeitsmarkt und Inflation im Zentrum: Wie lange bleibt der Arbeitsmarkt stark, bevor er kippt – oder stabilisiert er die Wirtschaft nachhaltig? In Europa ist es die Frage, ob die angekündigten Konjunkturprogramme tatsächlich die erhoffte Wirkung entfalten.
Fazit für Anleger
Die Welt bleibt herausfordernd, aber nicht hoffnungslos. Wer rational bleibt, auf Qualität achtet und regionale Chancen clever gewichtet, hat auch 2026 gute Karten. Jetzt heißt es: aufmerksam bleiben – und das Depot regelmäßig auf die neue Großwetterlage abstimmen.




