Kutzers Zwischenruf: Börsianer regt die K-Frage momentan nicht auf

Hermann Kutzer · Uhr

Ist der Aktienmarkt müde geworden – vielleicht sogar nachhaltig? Wäre ja kein Wunder nach der schier endlosen Kletterpartie. Der Dax hat gegenüber anderen Bergsteigern noch Nachholbedarf, doch warnen manche seiner Beobachter vor der dünnen Luft, die er mittlerweile erreicht hat. Na und? Ich halte dagegen. Das ist Gewöhnungssache. Und man muss (ähnlich wie im Himalaya) gut vorbereitet sein. Am besten mit Sauerstoffreserven, die durch anregende Nachrichten von Wirtschaft und/oder Politik geliefert werden. Und die fehlen montan – was sich von heute auf morgen ändern kann.

Dann gibt es die vielzitierte K-Frage in der deutschen Politik. Eine Teilantwort kennen wir seit heute. Doch dauert es noch einige Zeit, bis wir wissen, wer Angela Merkel tatsächlich als Bundeskanzler folgen wird. Außerdem hat das Thema für die Börsenprofis keine oberste Priorität.

Die Konjunkturnachrichten sind derzeit unspektakulär, nicht wegweisend. Und ein Großteil der Anleger ist deshalb unentschlossen. Solche Phasen gibt es immer wieder. Börsianer leben tagtäglich mit einer anderen K-Frage – sie beschäftigen sich beruflich mit K-ursen und nicht mit dem K-anzler.

Und die K-onjunktur? Auch die ist zwar auf gutem Weg, aber nicht besonders aufregend. Das bestätigen die heutigen Ergebnisse der monatlichen ZEW-Umfrage. Die Konjunkturerwartungen für Deutschland sinken in der aktuellen Umfrage der Mannheimer Forscher um 5,9 Punkte auf 70,7 Punkte – der erste Rückgang seit November 2020. Wie ist das zu werten? Die befragten Finanzmarktexperten sind etwas weniger euphorisch als im vorangegangenen Monat. Die ZEW-Konjunkturerwartungen liegen allerdings immer noch auf einem sehr hohen Niveau und die aktuelle Lage wird deutlich besser eingeschätzt als im März. Die Befürchtung, dass es zu einem verschärften Lockdown kommen könnte, lässt die Erwartungen für den privaten Konsum zurückgehen. Die Exportaussichten werden jedoch besser eingeschätzt als im Vormonat.

Welches K von den Anlagestrategen auch diskutiert wird – sie sorgen momentan nicht für zusätzlichen Sauerstoff, der dem Dax neue Kraft verleihen würde. Sie stellen andererseits aber auch keine Belastung dar. In einem Spontankommentar zum ZEW-Indikator schreibt mir Dr. Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank: Grund für den leichten Dämpfer dürfte vor allem der Ausblick auf einen verschärften Lockdown ab der kommenden Woche sein. Eine ernstzunehmende Öffnungsperspektive gibt es erst bei einer ausreichenden Impfquote der Bevölkerung. Die ist aber vor dem Sommer nicht zu erwarten. Die bisher gut durch die Krise gekommene deutsche Industrie kämpft außerdem mit Lieferengpässen bei Vorprodukten – das hemmt in einigen Branchen die Produktion. Diese Probleme dürften aber nur vorübergehend sein. Bleiben wir (bis auf weiteres) gelassen, geschätzte Anleger!

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