Kutzers Zwischenruf: Wenn es das Virus doch nicht gäbe

Hermann Kutzer · Uhr

Wie erwartet: in Frankfurt nichts Neues. Die Geldschleusen der Europäischen Zentralbank bleiben weit geöffnet. In der ersten Zinssitzung nach der Verabschiedung ihrer modifizierten geldpolitischen Strategie bekräftigen die Währungshüter ihren expansiven Kurs mit Zinsen auf Rekordtief und milliardenschweren Anleihekäufen. Ein Ende des Zinstiefs im Euroraum ist nach der heutigen Sitzung des EZB-Rates weiterhin nicht in Sicht. Und da dies keine Überraschung bedeutet, gab es auch keine spontane Reaktion der ohnedies festeren Börse. Doch ist auch nichts von Euphorie zu verspüren. Die Stimmung unter den Anlegern und Analysten bleibt gemischt, was sich in den Schaukelbörsen der jüngsten Zeit widerspiegelt.

Auch das jüngste Ergebnis der wöchentlichen Sentiment-Erhebung an der Börse Frankfurt ist nicht eindeutig. Privatanleger und institutionelle Investoren ticken inzwischen wieder ganz ähnlich. Dennoch ist bemerkenswert, dass nur etwas mehr als 60 Prozent der institutionellen Bären aus der Vorwoche bislang ihre Gewinne realisiert haben. Unter dem Strich ist festzuhalten, so die Interpretation von Joachim Goldberg, dass sich die Situation für den Dax mit der Befragung vom Mittwoch tendenziell eher verschlechtert hat. Denn die Rückkäufe der institutionellen Investoren haben noch nicht zu einer durchschlagenden Erholung geführt. Folgert der Sentiment-Beobachter: Vieles spricht dafür, dass das Börsenbarometer seine breit angelegte Konsolidierung fortsetzen wird, wobei die Unterseite bei ca. 14.850 bis 14.900 Zähler die verletzlichere sein dürfte. Insbesondere, wenn es noch zu Abflüssen ausländischer Kapitalströme kommen sollte, die in Aktien der Eurozone immer noch sehr stark übergewichtet sein dürften. Die heimischen Anleger allein werden jedenfalls Schwierigkeiten haben, den Dax noch einmal höher als bis zum bisherigen Allzeithoch von rund 15.810 zu treiben. Das kann man so sehen, ist aber nicht sicher.

Denn die Ausgangslage für den deutschen Aktienmarkt ist nicht schlecht. Fundamental läuft es besser als man erwarten konnte. Die historisch kurze Rezession vom Frühjahr 2020 mit dem Bärenmarkt Februar/März ist kein Thema mehr, auch wenn sich die Gewinnentwicklung nach Branchen und Unternehmen heute noch uneinheitlich darstellt. Und solang die Notenbank für Hyperliquidität sorgt, sucht ein Teil des Geldes mangels Zinsen immer wieder Anlagen an den Börsen.

Also alles im grünen Bereich? Nein, denn es gibt ja Corona. Das Virus breitet sich schon wieder aus und droht damit Wirtschaft und Börse zu überschatten. Einerseits können die Finanzmärkte weiter davon ausgehen, dass die Liquidität eine verlässliche Stütze bleibt. Das sollte eine nachhaltige Baisse in absehbarer Zukunft verhindern. Andererseits kann die Pandemie jedoch Konjunktur und Kurse überlagern und zu einer schweren Belastung werden. Kurz- bis mittelfristige Anleger sollten das nicht ignorieren!

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