Neuer Credit-Suisse-Präsident stutzt Investmentbank

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SCHWEIZ-CREDIT-SUISSE-Q3:Neuer Credit-Suisse-Präsident stutzt Investmentbank

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Zürich (Reuters) - Der neue Verwaltungsratspräsident Antonio Horta-Osorio drückt der krisengeschüttelten Credit Suisse seinen Stempel auf: Dem risikoreichen Investmentbanking verordnet er eine weitere Schrumpfkur, die Vermögensverwaltung für Reiche wird gestärkt.

Mit dem Ausstieg aus weiteren Teilen des Investmentbankings verfolgt die Schweizer Großbank einen ähnlichen Weg, wie ihn bereits die Deutsche Bank und die UBS beschritten haben. Die dort eingesparten Mittel sollen in das Geschäft mit Millionären und Milliardären umgelenkt werden.

"Wir wollen in das Umsatzwachstum investieren und verlagern dazu zusätzliches Kapital in Höhe von rund drei Milliarden Franken in die Wealth-Management-Division", erklärte Horta-Osorio. Die Investitionen unter anderem in Technologie von bis zu 1,5 Milliarden Franken wolle die Bank durch Kosteneinsparungen bei der allgemeinen Geschäftstätigkeit finanzieren. "Dies sollte es uns ermöglichen, nachhaltiges Wachstum bei deutlich geringeren Risiken zu erzielen sowie bleibende Werte für alle unsere wichtigen Anspruchsgruppen zu schaffen", erklärte der Portugiese weiter.

BANK GIBT HEDGEFONDS-GESCHÄFT PRAKTISCH AUF

In der Investmentbank, die dem Institut mit dem Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos im Frühjahr einen Verlust von fünf Milliarden Franken eingebrockt hatte, setzt Credit Suisse erneut das Messer an. So soll das Prime Brokerage genannte Hedgefonds-Geschäft weitgehend aufgegeben werden. Bereits im April hatte das Institut die Kreditvergabe an Hedgefonds um 35 Milliarden Dollar oder rund ein Drittel des Gesamtvolumens gekürzt. Damit endet ein schleichender Niedergang. Im Jahr 2010 war Credit Suisse laut Hedge Fund Intelligence der zweitgrößte Prime Broker der Welt und lag damit noch vor JP Morgan und Morgan Stanley. Doch eine Reihe von Führungswechseln setzte dem Geschäft zu und das ungenügende Risikomanagement gipfelte im Archegos-Debakel. Die Bank will auch den Bestand an langfristig strukturierten Derivaten verringern und aus regionalen Märkten aussteigen.

Auch in der Vermögensverwaltung will das Institut etwa zehn Märkte verlassen. Insgesamt peilt Horta-Osorio in diesem Geschäft dank mehr Kapital aber eine Wachstumsbeschleunigung an. In den nächsten drei Jahren sollen rund 500 Kundenberater neu eingestellt werden. Das bisher auf drei Sparten verteilte Kerngeschäft mit reichen und superreichen Privatkunden ziehen die Zürcher in einer Division zusammen. Auch die bisher im Asien- und im Schweiz-Geschäft angesiedelten Teile des Investmentbankings sollen in die Investmentbanking-Division verlagert werden. Credit Suisse kehrt damit die vom damaligen Konzernchef Tidjane Thiam 2015 verordnete Dezentralisierungsstrategie praktisch um.

"DAS WIRKT UNGENÜGEND"

Die Anleger reagierten verhalten, die Aktie tendierte am Vormittag seitwärts. "Ein bisschen Umstrukturierung hier und da und ein paar Exits", fasste Jerome Legras von Axiom Alternative Investments die Schritte zusammen. "Wenn man bedenkt, was in den letzten Monaten passiert ist, wirkt das ungenügend".

Denn Archegos war nicht der einzige Fehlschlag der Credit Suisse in letzter Zeit. Dazu kamen die Notabwicklung von zusammen mit Greensill geführten Fonds, die Beschattung eines früheren Spitzenmanagers sowie ein Bestechungs- und Betrugsfall. Beispiellose vier Untersuchungsverfahren der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma liefen parallel gegen Credit Suisse.

Horta-Osorio, der zuvor Chef der in Schieflage geratenen britischen Lloyds war, hat der Bank seit seinem Wahl Ende April eine Verbesserung des Risikomanagements und einen Kulturwandel verordnet. Die Credit Suisse ist bekannt dafür, den einzelnen Mitarbeitern mehr unternehmerischen Spielraum einzuräumen und mehr auf Kundenwünsche einzugehen als etwa die UBS. Dies will der Portugiese zwar bewahren, gleichzeitig aber auch Kontrollfunktionen verstärken. Der Credit Suisse steht dabei noch ein langer Weg bevor, wie Vontobel-Analyst Andreas Venditti erklärte: "Während organisatorische und Managementwechsel schnell umgesetzt werden können, dürfte es Jahre dauern, das Vertrauen und den Ruf wiederherzustellen, die Risikokultur grundlegend zu ändern und eine Reihe von Altlasten zu bereinigen."

ROTE ZAHLEN IM VIERTEN QUARTAL ERWARTET

An dem von vielen Analysten als zu ehrgeizig bezeichneten Ziel einer Eigenkapital-Rendite von mehr als zehn Prozent hält die Bank fest, auch wenn die Vorgabe erst 2024 und damit zwei Jahre später als bisher angepeilt erreicht werden soll. In den ersten neun Monaten kam die Bank vor allem wegen der Archegos-Pleite lediglich auf 1,5 Prozent. Damit hinkt die Credit Suisse etwa den 15,5 Prozent der UBS, die im Investmentbanking mit deutlich weniger Kapital auskommt, deutlich hinterher.

Im dritten Quartal sorgen Kosten für die Beilegung des Bestechungsverfahrens und höhere Steueraufwendungen für einen Gewinnrückgang. Unter dem Strich verdiente das Institut im Zeitraum Juli bis September 434 Millionen Franken. Im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode entspricht dies zwar einem Rückgang um 21 Prozent, übertraf aber die Analysten-Erwartungen. Für das Schlussquartal stellt die Credit Suisse einen Nettoverlust in Aussicht: Das Institut will eine Wertberichtigung von rund 1,6 Milliarden Franken für seine verbleibenden Investmentbank-Aktivitäten vornehmen.

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