Morgan Stanley: Stärke am Aktienmarkrt könnte nichts weiter als eine Bärenmarktrally sein – Anleger vertrauen zu sehr auf die Fed
Nach dem desaströsen ersten Quartal 2022 ist die Stimmung an den Finanzmärkten zwar weiterhin angeschlagen, derzeit halten sich die Märkte jedoch über Wasser und haben die diversen negativen Einflussfaktoren scheinbar verdaut. Morgan Stanley nennt nun jedoch weitere Argumente dafür, dass man den Märkten derzeit nicht unbedingt trauen kann.
„Die jüngste Stärke am Aktienmarkt ist möglicherweise nichts weiter als eine Bärenmarktrallye, die von Wunschdenken und überschüssiger Liquidität angeheizt wird.“ Diese mahnenden Worte kommen von Lisa Shalett, Chief Investment Officer bei Morgan Stanley Wealth Management, in einem jüngst veröffentlichten Statement an Investoren.
Die Analystin weist angesichts der Entwicklungen des ersten Quartals vor allem auf die unterschiedlichen Signale aus Aktien- und Anleihemärkten hin. Während Aktien sich von ihren jüngsten Tiefstständen erholt haben, verzeichnen Anleihen weiterhin Verluste und die Zinsen steigen. Warum zeigen Aktien derzeit so eine starke Resilienz gegenüber dem makroökonomischen und geldpolitischen Gegenwind, während Anleihen leiden? Aus Sicht der Analystin ein klarer Fall von – möglicherweise unberechtigtem – Vertrauen, das alles halb so schlimm wird. Die Aktienmärkte scheinen momentan schlicht darauf zu wetten, dass die US-Notenbank die Wirtschaft erfolgreich zu einer „sanften Landung“ führen kann, da sie die Geldpolitik rasch strafft, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus scheinen viele Anleger die Aussicht auf steigende inflationsbereinigte oder „reale“ Zinsen sowie neue Komplexitäten, die sich aus dem Russland-Ukraine-Konflikt und anderen makroökonomischen Gegenwinden ergeben, mit einem Achselzucken abzutun, heißt es in der Analyse.
Laut Morgan Stanley sollten Anleger die Signale aus dem Anleihemarkt jedoch nicht ignorieren. Der nun absehbare geldpolitische Kurs der Fed, mit einigen Zinserhöhungen und einem erwarteten Leitzins von 2,5 – 3,5 Prozent bis 2023, sowie der bald anstehende, deutliche Abbau der Notenbankbilanzen wird ein komplexes und schmerzhaftes Unterfangen werden, der den Finanzmärkten einiges abverlangen wird. Eine stärkere Straffung der Geldpolitik als erwartet dürfte sich zudem erheblich auf die Realzinsen und Bewertungen von Unternehmen auswirken, was an den Aktienmärkten zu einer entsprechenden Quittung in den nächsten Monaten führen dürfte. Shalett betont dabei, dass auch die Mega-Cap-Unternehmen, die die Indizes und deren Kurs-Entwicklung dominieren, nicht komplett immun gegen den makroökonomischen Gegenwind sein dürften. Steigende Kosten für Unternehmen, einschließlich Arbeitskräfte, Logistik, Vertrieb, Energie und andere Industriegüter werden alle Unternehmen in nächster Zeit noch unter Druck setzen.
onvista-Redaktion
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