onvista Börsenfuchs: Schlechte Noten für Deutschland

onvista · Uhr
Quelle: onvista

Hallo Leute! Viele von uns wären happy gewesen, wenn ihre Schulzeugnisse so um 2 herum gelegen hätten. Börsianer denken aber in Tendenzen und Trends. Da kommt es also auf die Bewegung, auf Veränderungen an. Deshalb sprang mir die Headline ins Auge „Wirtschaftsstandort Deutschland wird unattraktiver“. Das hat zwar nur indirekt etwas mit der Börse zu tun, ist aber voll Besorgnis erregend: Deutschland wird aufgrund steigender Kosten für Energie und Rohstoffe für US-Unternehmen zunehmend unattraktiver. Die Bewertung als Wirtschaftsstandort verschlechterte sich von Note 1,9 im Vorjahr auf nun 2,4. Das geht aus einer Umfrage der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (AmCham Germany) unter den größten Ami-Unternehmen hierzulande hervor.

„Die Tendenz in der Standort-Bewertung belegt, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von der Politik verbessert werden müssen, damit Deutschland auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt", sagte die Präsidentin der AmCham Germany, Simone Menne. Insbesondere die Energiepreise müssten auf ein Niveau gebracht werden, das den Unternehmen erlaube, im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Allen voran Verwerfungen auf dem Energiemarkt mit Russland würden dazu führen, dass Investoren aus Angst vor hohen Preisen und ausbleibenden Gaslieferungen nicht in Deutschland investierten.

Die Ami-Konzerne sind ja nicht irgendwer. Ihre Investitionstätigkeit ist oft auch das Vorbild und ein Trendsetter für andere internationale (Unternehmen. Im vergangenen Jahr erhöhte sich der Gesamtumsatz der 50 größten US-Unternehmen hierzulande nach einem Knick im Pandemiejahr 2020 um knapp 15 Prozent auf 218,4 Milliarden Euro. Insgesamt arbeiten 275.000 in diesen Unternehmen. Die Rangliste der umsatzstärksten US-Firmen in Deutschland im Jahr 2021 führt der Versandhändler Amazon (31,6 Milliarden Euro Erlöse) an. Auf den Plätzen zwei und drei folgen der Autobauer Ford (14,2 Milliarden Euro) und der Ölkonzern ExxonMobil (8,5 Milliarden Euro). Größter US-Arbeitgeber ist die Fastfood-Kette McDonald’s mit geschätzt 54.900 Angestellten.

Dass deutsche Unternehmen selbstkritisch sind, ist kein Wunder, denn unseren Unternehmern setzt die Energiekrise stark zu. Bald jeder zweite Familienunternehmer nennt die hohen Energiekosten und den Fachkräftemangel (je 40 Prozent) als ihr größtes Investitionshemmnis. Die Erwartung an die Auftragslage hat sich bei den Familienunternehmen drastisch verschlechtert: Sie erreicht bei einer Benotung nach Schulnoten nur noch eine 2,9. (Vergleich 2021: 2,4). Damit liegen die Erwartungen fast so niedrig wie zu Beginn der Corona-Pandemie (3,0). Planten im vorherigen Quartal erst 30 Prozent der Unternehmer keinerlei Investitionen zu tätigen, so wollen aktuell bereits 40 Prozent der befragten Unternehmer weder in die Erweiterung noch in die Instandhaltung ihrer Firmen investieren. Das ist ein über die Saisoneffekte hinausgehender hoher Anstieg, der sich ebenfalls dem Wert zum Pandemiebeginn nähert (45 Prozent).

Nochmals: Solche Schulnoten lassen sich nicht direkt mit Aktienindizes vergleichen. Aber sie können in die Beurteilung eines Markts einfließen. So gesehen sprechen die hier genannten Zahlen nicht gerade für einen steigenden Dax.

Das könnte dich auch interessieren

Meistgelesene Artikel