onvista-Börsenfuchs: Staunt über den Dax, aber wundert Euch nicht

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Hallo Leute! Die aktuelle Lage wird von unseren Unternehmen jetzt etwas besser beurteilt. Noch viel besser: Ihre Erwartungen machten zudem einen deutlichen Sprung nach oben. Kommentiert das Münchner Ifo-Institut: „Die deutsche Wirtschaft sieht Licht am Ende des Tunnels.“ Und jetzt kommt der Hammer: Der monatlich ermittelte (und voll stark beachtete!) Geschäftsklimaindex des Ifo ist im Juni so kräftig wie nie zuvor gestiegen! Häh, wer hätte das gedacht? Es geht um den Blick nach vorn, also müsste die Börse mit bombenfesten Kursen reagieren. Der Dax macht das Gegenteil und seilt sich eilig ab – schon im Vormittagshandel um mehr als 2 Prozent. Da fragt man sich, ob die Börse spinnt.

In den zurückliegenden Wochen war’s meistens umgekehrt. Denn die Konjunkturanalysen wurden immer mieser, aber der Aktienmarkt präsentierte sich in Hochstimmung. Allerdings lieferten fast alle der prominenten Propheten am Ende ihrer Berichte zur Wirtschaftslage einen Schuss Optimismus mit: Wahrscheinlich kommen wir in diesem Sommer bereits aus dem Loch wieder raus und beginnen dann zu wachsen. Voraussichtlich erholt sich die Wirtschaftsleistung aber erst 2022 auf das Vor-Corona-Niveau. Alle aktuellen Aussagen zur Wirtschaftsentwicklung enthalten den gleichen Vorbehalt: Die Pandemie muss überwunden werden, es darf nicht zu einer zweiten Infektionswelle kommen. Viele Börsianer scheinen genau diese Einschränkung wegen der neuesten Nachrichten von Ami-Land über Gütersloh bis Asien erst heute wirklich ernst zu nehmen. Deshalb können wir gespannt sein, wie es in den nächsten Tagen weitergeht.

Es gibt aber auch allgemeine, grundsätzliche Veränderungen im professionellen Anlageverhalten. Echt interessant, was der berühmte Investmentbanker und Fondsstratege Lenny Fischer dieser Tage in einem Interview gesagt hat: An den Kapitalmärkten hat ein Strukturbruch stattgefunden. Anlagephilosophien, die auf früheren Risikomodellen (Value-at-Risk) beruhen, sind daher zum Scheitern verurteilt. Auch zuletzt zeigte sich, dass es in dem heutigen Marktumfeld nicht mehr funktioniert. Die Volatilität war lange niedrig und stieg dann exponentiell an. Das signalisierte nach dem Modell, Aktien zu verkaufen. Doch wegen der massiven Intervention der Notenbanken war das wiederum taktisch falsch. Wir gehen davon aus, dass sich alle Anlageklassen nunmehr zunehmend wie Währungen zueinander verhalten. Egal ob Aktien oder Anleihen – alle sind aufgrund der Notenbank-Liquidität künstlich auf- oder abgewertet und somit miteinander zunehmend austauschbar. Keine Anlageklasse kann damit mehr als wirkliche Absicherung dienen. Alle weisen zueinander eine immer höhere Korrelation auf. Auch Staatsanleihen sind in diesem Sinne kein sicherer Hafen mehr.

Puh, da kommt man ins Grübeln. Vielleicht ist das auch die beste Begründung dafür, dass der Goldpreis nicht fällt, wenn die Aktienkurse steigen (und umgekehrt) –

sondern inzwischen immer öfter parallele Tendenzen zu erkennen sind. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich.

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