Flucht vor der Währungsentwertung: Das steckt hinter dem „Debasement Trade“
Der so genannte „Debasement Trade“ ist seit einigen Tagen in aller Munde. Was bedeutet der Begriff und was solltest du für deine Investitionsentscheidungen berücksichtigen?
Henry Philippson

Der „Debasement Trade“ ist aktuell ein Markt-Narrativ, bei dem Anleger aus Angst vor einer systematischen Entwertung (Debasement) von Fiat-Währungen Kapital in „knappe“ oder realwert-artige Anlagen verlagern — insbesondere Gold, Silber und andere Rohstoffe, sowie zum Teil Kryptowährungen und Immobilienfonds.
Fiat-Währungen sind Geldformen, deren Wert nicht durch einen physischen Rohstoff wie Gold oder Silber gedeckt ist, sondern allein auf dem Vertrauen in den Staat oder die ausgebende Zentralbank basieren. Der Staat erklärt das Geld für gesetzliches Zahlungsmittel, und die Verbraucher akzeptieren es im Austausch für Waren und Dienstleistungen. Sein Wert ergibt sich also aus Glauben und Akzeptanz, nicht aus intrinsischem Materialwert. Beispiele sind Euro, US-Dollar oder Yen. Fiat-Geld ermöglicht flexible Geldpolitik, birgt aber das Risiko von Inflation, wenn zu viel Geld gedruckt wird.
Hauptprofiteur dieses Markt-Narrativs in den vergangenen Wochen waren die Edelmetalle Gold und Silber. Der Silberpreis beispielsweise hat in den vergangenen vier Wochen stolze 30 Prozent zulegen können. Eine Rally dieser Größenordnung bei den Preisen für Edelmetalle gab es zuletzt Anfang der 1980er Jahre.
Rückblick
Die Rally der Edelmetallpreise Anfang der 1980er-Jahre war vor allem durch wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheiten geprägt. In den späten 1970er-Jahren stieg die Inflation in den USA stark an, ausgelöst durch die Ölkrisen und eine expansive Geldpolitik. Anleger suchten daher nach sicheren Wertanlagen, insbesondere Gold und Silber.
Zudem führte die sowjetische Invasion in Afghanistan 1979 und die Iranische Revolution zu politischen Spannungen, welche die Flucht in „sichere Häfen“ verstärkten. Mit der russischen Invasion in die Ukraine seit 2022 und dem Nahostkonflikt gibt es im laufenden Jahr eine ähnliche Gemengelage wie damals.
Das sind die Gründe für den aktuellen „Debasement-Trade“
Der aktuell laufende „Debasement Trade“ wird in erheblichem Maße durch Staatsschulden- und Vertrauensprobleme getrieben. In den USA ist die Staatsverschuldung extrem hoch, und viele Marktteilnehmer bezweifeln, dass die Politik genügend Budget-Disziplin aufbringen wird, um sie nachhaltig zu begrenzen.
Gleichzeitig sorgt der US-Shutdown – also die Unfähigkeit von Regierung und Kongress, einen Haushalt zu beschließen – für starke Unsicherheit, Datenlücken und Misstrauen in die staatlichen Institutionen.
Das Problem der zu hohen Staatsverschuldung besteht allerdings nicht nur in den USA, sondern auch und vor allem in Europa. Frankreichs Staatsschulden belaufen sich mittlerweile auf 3.400 Milliarden Euro, was im europäischen Vergleich sehr hoch ist und rund 114 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung des Landes entspricht.
Zudem steigen die Schulden weiterhin schnell an. Für das gestiegen Risiko verlangen Anleger in französische Staatspapiere entsprechend eine höhere Kompensation - die Zinsen für französische Staatsanleihen liegen mittlerweile auf dem Niveau der Eurokrise von vor 14 Jahren und treiben damit die Kosten für die Schulden weiter in die Höhe.
Werden die Schulden „verinflationiert“?
Aufgrund der zunehmend ausufernden Verschuldung vieler Industrienationen rechnen Anleger für die kommenden Jahre zunehmend mit einer möglichen „Verinflationierung“ der ausufernden Schuldenlast und flüchten daher in Sachwerte wie beispielsweise Gold.
“Die „Verinflationierung“ von Staatsschulden bedeutet, dass Schulden durch steigende Inflation real abgebaut werden, ohne dass der Staat nominale Rückzahlungen verringert. Die Schuld bleibt gleich, doch die Kaufkraft des Geldes sinkt, sodass die reale Last für den Staat geringer wird. Anleger erhalten zwar nominal ihre Zinsen, verlieren jedoch an Kaufkraft.“
Auch Immobilienaktien wie Vonovia und LEG Immobilien hielten sich in den vergangenen Handelstagen deutlich besser als der Gesamtmarkt. Immobilienaktien dürften bei niedrigen beziehungsweise fallenden Zinsen und einer moderaten Inflation tendenziell besser abschneiden als der Gesamtmarkt.
Bitcoin als „digitales Gold" in unsicheren Zeiten?
Während Gold aktuell fast täglich neue Rekorde markiert, geriet der Kurs der weltweit wichtigsten Kryptowährung Bitcoin nach dem Wiederaufflammen des Zollstreits in einem illiquiden Marktumfeld am vergangenen Freitagabend massiv unter Druck.
Zeitweise lag der Kurs des Bitcoin unterhalb der 104.000 Dollar-Marke am Freitagabend, nachdem noch am Montag ein neues Allzeithoch um 126.000 Dollar markiert wurde. Während Gold seiner Rolle als sicherer Hafen in Krisenzeiten gerecht wurde, reagierten die Kryptowährungen massiv unter Druck. Altcoins wie DOGE verloren am Freitagabend zwischenzeitlich über 50 Prozent an Wert.
Fazit:
Anleger, die sich am „Debasement-Trade“ beteiligen wollen, kommen aktuell an Gold und Silber, sowie zum Teil den Immobilienaktien, nicht vorbei. Kryptowährungen haben offenbar ihre eigenen Spielregeln und sind als „sicherer Hafen“ in Krisenzeiten eher ungeeignet.