ROUNDUP/Baerbock: Panzer-Ringtausch mit Tschechien vor dem Abschluss
PRAG (dpa-AFX) - Die Verhandlungen zwischen Deutschland und Tschechien über einen Panzer-Ringtausch zur Unterstützung der Ukraine stehen laut Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vor dem Abschluss. Man sei "in der Finalisierungsphase des gemeinsamen Vertrags", sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag nach einem Treffen mit ihrem tschechischen Amtskollegen Jan Lipavsky in Prag. Aus der Sicht der Außenministerin könnte die Vereinbarung Vorbildcharakter für Vereinbarungen mit anderen Ländern haben. "Da müssen wir uns genau anschauen, wie wir das auf andere Länder übertragen können, damit die Lieferungen auch schnell stattfinden."
Deutschland hatte sich bereits im Mai grundsätzlich mit der Regierung in Prag darauf verständigt, den tschechischen Streitkräften für die Lieferung von 20 T-72-Panzern sowjetischer Bauart in die Ukraine 15 deutsche Leopard-2-Panzer bereitzustellen. Die Verhandlungen über die Details laufen aber noch. Baerbock sagte, die Panzer sollten aus Industriebeständen geliefert werden.
Die Idee des Ringtauschs entstand kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs. Ziel war es eigentlich, die Ukraine möglichst schnell mit schweren Waffen zu versorgen. Verhandelt wurde mit Polen, Slowenien, der Slowakei, Tschechien und Griechenland. Baerbock räumte am Wochenende ein, dass man nicht so zügig vorankomme, wie ursprünglich erwartet. Politiker von Grünen, FDP und CDU/CSU zeigten sich daraufhin offen für die direkte Lieferung deutscher Kampf- und Schützenpanzer in die Ukraine. Baerbock sagte am Dienstag auf Nachfrage nicht, wie sie dazu steht.
Lipavsky nannte den Ringtausch "ein wichtiges Symbol und ein konkretes Projekt, das zeigt, wie stark und gut die gegenseitigen Beziehungen sind". Er sagte aber auch, dass die Waffen sowjetischen Typs ausgingen und auch nicht von so guter Qualität seien. Daher sei es angebracht, über die direkte Lieferung von Waffen westlichen Typs nachzudenken. Er würde es begrüßen, wenn die Debatte in Deutschland in diese Richtung gehe.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen standen im Mittelpunkt des Antrittsbesuchs der Ministerin in Prag. Baerbock sagte, der Krieg könne noch Monate dauern. Man müsse immer wieder kritisch hinterfragen, "wie wir noch schneller und passgenauer bei der Unterstützung der Ukraine werden können".
Deutliche Worte richtete Baerbock an Russland. Die Äußerungen ihres russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zu Moskaus Plänen für den Sturz der ukrainischen Regierung hätten "noch einmal die tiefe Verachtung der russischen Führung für die demokratische Selbstbestimmung der Ukraine gezeigt", sagte sie. "Niemand kann nun noch behaupten, Russland ginge es um irgendetwas anderes als die völlige Unterwerfung der Ukraine und seiner Menschen."
Russlands Außenminister hatte am Sonntag bei einem Besuch in Kairo in noch nicht da gewesener Offenheit erklärt, dass Russland den Sturz der ukrainischen Regierung anstrebt. "Wir helfen dem ukrainischen Volk auf jeden Fall, sich von dem absolut volks- und geschichtsfeindlichen Regime zu befreien", sagte Lawrow.
Den am Dienstag beschlossenen Gas-Notfallplan der EU bezeichnete Baerbock als Zeichen des Zusammenhalts in Europa in schwierigen Zeiten. "Wir unterstreichen damit eben, dass wir uns nicht spalten lassen, wo wir als EU-Staaten auch gegeneinander agieren könnten, weil das Gas so knapp ist", sagte die Grünen-Politikerin. "Wir wissen, was unsere Stärke ist: Zusammenstehen, gerade in nicht einfachen Zeiten."
Baerbock besuchte zusammen mit Lipavsky auch die Gedenkstätte Lidice bei Prag. In einem Racheakt nach dem Attentat auf SS-Führer Reinhard Heydrich wurden dort am 10. Juni 1942 173 Männer und Jungen erschossen. Die Frauen und Kinder der Bergarbeitersiedlung wurden verschleppt oder in Konzentrationslagern ermordet. Insgesamt verloren 340 Bewohner von Lidice ihr Leben. Das ganze Dorf wurde dem Erdboden gleichgemacht.
Von Prag wollte Baerbock noch am Nachmittag zu ihrem Antrittsbesuch ins Nachbarland Slowakei weiterreisen./mfi/hei/DP/nas