Habeck fordert Nachtragshaushalt mit Stromzuschuss für Industrie

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Berlin (Reuters) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die hohen Strompreise kurzfristig über einen Zuschuss aus dem Haushalt stabilisieren.

Der beste Weg sei über einen Nachtragshaushalt für 2024 und darin einen Zuschuss an die Netzbetreiber, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag bei einer Industriekonferenz in Berlin. Das nötige Geld könnte dann aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen, aus dem auch mehrere Milliarden an eigentlich vorgesehenen Subventionen für den Chipkonzern Intel nicht benötigt werden. Dies wäre zwar keine dauerhafte Lösung, aber eine Antwort für das Jahr 2025. Es brauche eine Stabilisierung, besser eine Senkung der Netzentgelte.

Habeck ergänzte, die Minderheitsregierung aus SPD und Grünen werde das Gespräch mit der Opposition suchen. "Aber die muss es dann auch wollen." Die Zeit dränge, es brauche noch in diesem Jahr einen Bundestagsbeschluss oder zumindest eine verlässliche Ansage, weil die Netzentgelte jährlich abgerechnet würden. "Da laufen wir jetzt wirklich gegen die Uhr."

In der Industrie werden gerade massiv Stellen abgebaut, wie zuletzt etwa von Volkswagen und Thyssenkrupp angekündigt. Die zerbrochene Ampel-Regierung habe nicht genug gemacht, räumte Habeck ein. "Wir brauchen größere Antworten, als wir es in der Vergangenheit gegeben haben." Mittelfristig müssten die Infrastrukturkosten - also für die Nutzung der Netze - herausgenommen werden aus den Strompreisen oder zumindest halbiert werden. Die hohen Anfangskosten für ein klimaneutrales Stromsystem sollten auch nicht einseitig auf die derzeitigen Verbraucher umgelegt werden. Denn es sei ein Aufbau auch für die kommenden Generationen.

Die Ampel war auch daran gescheitert, dass sie sich nicht final auf einen Haushaltsentwurf für das nächste Jahr verständigen konnte. Der Entwurf für einen Nachtragsetat 2024 liegt im Haushaltsausschuss des Bundestages. Im Umfeld des Wirtschaftsministeriums hieß es, die mittelfristig angestrebte Senkung der Netzentgelte könnte aus dem "Deutschlandfonds" finanziert werden. Diesen riesigen und schuldenfinanzierten Sondertopf hat Habeck vorgeschlagen, um die Infrastruktur zu modernisieren. Ob er umgesetzt wird, ist aber fraglich.

INDUSTRIE: HABEN KEINE ZEIT ZU VERLIEREN

Nach dem Ampel-Aus sind Neuwahlen für Ende Februar geplant. Es wird dann vermutlich noch mehrere Monate dauern, bis die nächste Regierung handlungsfähig ist. Der Präsident des Industrieverbands BDI, Siegfried Russwurm, sagte, es brauche aber sofort Lösungen. Man könne nicht sechs Monate verlieren. Die hohen Strompreise gefährdeten Jobs in der Industrie. Außerdem würden Investitionsentscheidungen dann nicht für Deutschland getroffen. International wettbewerbsfähige Preise müssten eine Priorität der nächsten Regierung sein. Zudem sollten Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen verlängert und auch erhöht werden.

Der Vize-Chef der Gewerkschaft IG Metall, Jürgen Kerner, appellierte an die Union, kurzfristige Hilfen für die Industrie möglich zu machen. "Springt über euren eigenen Schatten." Die Lage sei nicht nur in der energieintensiven Industrie sehr schwierig.

Die Präsidentin des Automobilverbands VDA, Hildegard Müller, forderte von Berlin und Brüssel Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise, zur Bürokratieentlastung und zur sicheren Rohstoffversorgung. "Nur ein wirtschaftlich starkes Europa hat auf der politischen Weltbühne eine gewichtige Stimme." Grünen-Kanzlerkandidat Habeck bekräftigte, die Finanzregeln lockern zu wollen. Denn es brauche mehr Geld für die Sicherheit, die Infrastruktur und zur Behebung der strukturellen Schwächen des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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