OECD: Deutschland 2025 mit schwächstem Wachstum aller Industriestaaten
Deutschland wird der OECD zufolge im kommenden Jahr so langsam wachsen wie keine andere Industrienation.
Das Bruttoinlandsprodukt dürfte lediglich um 0,7 Prozent zulegen, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Wirtschaftsausblick. Im Mai war noch ein Plus von 1,1 Prozent erwartet worden. "2025 ist Deutschland das Schlusslicht unter den OECD-Ländern", sagte die Expertin Isabell Koske der in Paris ansässigen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) der Nachrichtenagentur Reuters. Zum Vergleich: Die Euro-Zone insgesamt soll mit 1,3 Prozent nahezu doppelt so schnell wachsen, die USA mit 2,4 Prozent mehr als dreimal so schnell.
Im zu Ende gehenden Jahr dürfte Deutschland als Europas größte Volkswirtschaft sogar nur stagnieren, erklärte die OECD. Nur Österreich, Estland, Lettland, Finnland und Irland sollen 2024 noch schlechter abschneiden. Erst 2026 soll es mit 1,2 Prozent wieder zu einem kräftigeren Wachstum reichen.
„Restriktive Fiskalpolitik“
Die Hauptursache für die Dauerflaute in Deutschland sieht die OECD in der mauen Produktion. "Dies liegt besonders an der schwachen Exportnachfrage aus China, welche besonders die deutsche Industrie trifft", sagte OECD-Experte Robert Grundke. Diese weise stärkere Handelsverflechtungen mit der Volkswirtschaft auf als die aller anderen großen Industrieländer. "Die Konkurrenz chinesischer Produkte macht deutschen Herstellern, vor allem der Autoindustrie, in anderen Absatzmärkten zu schaffen", fügte Grundke hinzu. Auch die Produktion in den energieintensiven Industrien liege noch immer weit unter dem Niveau vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.
"Ein weiterer Grund für das relativ schwache Wachstum in Deutschland ist die im Vergleich zu anderen Ländern der Eurozone restriktivere Fiskalpolitik", sagte Koske. Die Wiedereinsetzung der Schuldenbremse und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches die Nutzung von Sondervermögen zur Finanzierung von Ausgaben eingeschränkt hat, führten 2024 zu einer starken Reduzierung der öffentlichen Ausgaben. "Dies hat das Wachstum verlangsamt, aber auch entscheidend dazu beigetragen, dass die Inflation zuletzt stark gesunken ist", sagte Koske. Durch das Scheitern der Ampelregierung gebe es noch keinen Etat für 2025, was zur Unsicherheit für Unternehmen und Haushalte beitrage.
Die OECD rät der Politik dazu, für Planungssicherheit beim Erreichen der Klimaziele zu sorgen. "Bereits gefallene Entscheidungen, zum Beispiel auf dem Weg zur Elektromobilität, wieder infrage zu stellen, erzeugt große Unsicherheit und behindert Investitionen", erklärte Grundke. Die Finanzierung der geplanten Projekte im Klima- und Transformationsfonds müsse geklärt werden, um für Firmen und Haushalte Planungssicherheit zu schaffen. Finanzieller Spielraum könne etwa durch das Streichen umweltschädlicher und anderer verzerrender Steuervergünstigungen geschaffen werden - vom Dienstwagenprivileg über Dieselsubvention bis hin zu Erbschaftsteuerausnahmen. "Dies sollte mit einer Reform der Schuldenbremse verbunden werden, um den Spielraum für Nettoinvestitionen zu erhöhen", schlagen die beiden OECD-Experten vor. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung berge zudem großes Potenzial, um den Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Verbraucher zu senken.