So stark würde der Dollar fallen, wenn Trump seinen Notenbankchef feuern würde
Maximilian Nagel
Erneut kochten in dieser Woche Spekulationen um eine Entlassung von US-Notenbankchef Powell hoch. Wie dramatisch wäre der Ernstfall für den ohnehin schwächelnden US-Dollar?

Feuert er ihn, feuert er ihn nicht? Das Verhältnis zwischen US-Präsident Trump und seinem Notenbankchef ist zerrüttet. Einmal mehr hieß es in dieser Woche, Trump stehe kurz davor, Fed-Vorsitz Jerome Powell zu entlassen. Der Präsident selbst zerstreute diese Spekulationen weniger als eine Stunde später.
Er „plane nicht“, Powell zu feuern, so Trump, und eine Entlassung sei „höchst unwahrscheinlich, außer, er müsse aufgrund eines Betrugs gehen“. Damit waren die Nerven der Anleger erstmal wieder beruhigt. Schon öfter deutete Trump eine Entlassung Powells an, regelmäßig kritisiert der Präsident den Notenbanker dafür, die Zinsen nicht zu senken.
Bewegung bei den Anleihen, deutliches Minus für den Dollar
Zwischenzeitlich kam es durch die neuen Gerüchte zu deutlichen Bewegungen, erklärt Deutsche-Bank-Makrostratege Jim Reid. Die Umlaufrenditen bei zehnjährigen US-Staatsanleihen zog um fünf Basispunkte (0,05 Prozentpunkte) an, die 30-jährigen US-Bonds sogar um elf Basispunkte, während die Renditen im kurzlaufenden Bereich fielen.
Verglichen mit Aktienkursen sind das marginale Bewegungen, allerdings ist der Bondsmarkt um ein Vielfaches größer als der Aktienmarkt, hinter solchen Bewegungen stecken also Milliarden, die ge- oder verkauft werden.
Bondskurse und Renditen bewegen sich übrigens invers zueinander. Steigt die Rendite, werden Bonds verkauft; sinkt die Umlaufverzinsung, handeln Anleihen höher. Anleger haben also kurzlaufende Anleihen gekauft und die Papiere am „langen Ende der Zinskurve“ verkauft.
Darüber hinaus bewegte sich der Dollar ebenfalls deutlich. Kurzzeitig verteuerte sich der Euro zum US-Dollar um 1,4 Prozent, ein durchaus beachtliches Plus im Währungspaar Euro/Dollar. Wie stark sich diese Kurse bewegen würden, sollte Trump Powell nun doch entlassen, hat Reid grob kalkuliert – anhand von Wahrscheinlichkeiten bei Polymarket.
Kurzzeitig lag die Chance auf eine Entlassung bei 40 Prozent
Polymarket ist ein sogenannter „Prognosemarkt“. Die Plattform lässt Anleger auf den ein oder anderen Ausgang eines Ereignisses wetten, in so gut wie allen Bereichen der Gesellschaft. So gibt es Wetten, wer den Friedensnobelpreis in diesem Jahr bekommt, oder wie viele Tweets Tesla-Chef Elon Musk in einem bestimmten Zeitraum absetzt.
Die Spekulanten wetten dabei gegeneinander, der Preis eines solchen Kontrakts ergibt sich aus den Chancen, welche die Marktteilnehmer dem einen oder anderen Ausgang einräumen.
Laut Reid lag die Wahrscheinlichkeit, dass Powell sein Amt in diesem Jahr abgeben muss, lange zwischen 10 und 15 Prozent. Am Mittwoch aber schoss die Wahrscheinlichkeit in der Spitze auf 40 Prozent, ehe sie wieder auf etwas mehr als 20 Prozent nachgab.
Gleichzeitig durchliefen die Märkte die oben genannten Kursveränderungen. „Würde man also sehr grob kalkulieren wollen, um den unmittelbaren Effekt einer Entlassung Powells zu bestimmen, könnte man diese Bewegungen mit dem Faktor vier multiplizieren, um nahe an 100 Prozent zu kommen“, schreibt Reid.
Das hieße: Die Umlaufrenditen für zehnjährige Bonds würden um nochmals 20 Basispunkte steigen, womit die Verzinsung bei etwa 4,64 Prozent läge. 30-jährige Anleihen wurden mit 45 Basispunkten mehr rentieren, womit die Umlaufrendite bei fast 5,5 Prozent liegen würde.
Der Dollar wiederum könnte um satte sechs Prozent fallen. Das wäre eine beispiellos hohe Bewegung, zumal der „Greenback“ 2025 das schwächste erste Halbjahr seit mehr als fünf Jahrzehnten hinter sich hat, wie der „Guardian“ schreibt. Der Dollar verlor so zu einer Auswahl an Devisen 10,8 Prozent bis Ende Juni und verbuchte damit die schwächsten ersten sechs Monate eines Jahres seit 1973 sowie das schwächste Halbjahr seit der zweiten Jahreshälfte 1991.
Mit einem Manöver könnte Trump Powell zeitweise ersetzen
Rein rechtlich, führt Stratege Reid weiter aus, könnte Trump bei der nächsten Sitzungspause des US-Senats ab dem 4. August zeitweise einen neuen Fed-Vorsitz bestimmen, ohne dabei den Segen des Senats zu bekommen. Allerdings könnte der Senat ebenso eine Notfallsitzung einberufen, um eben solche Manöver zu verhindern.
In jedem Fall wäre eine Absetzung Powells, dessen Amtszeit als Vorsitzender im Mai 2026 ausläuft, ein Schock für die Märkte. Unabhängig von Reids Kalkulation prognostizierte George Saravelos, Devisenanalyst bei der Deutschen Bank, die Auswirkungen einer Entlassung.
Saravelos zufolge würde der Dollar zwischen drei und vier Prozent fallen, während US-Anleihen am „langen Ende“, mit hoher Laufzeit, 30 bis 40 Basispunkte stärker rentieren würden. „Diese Schätzung ist nicht weit weg von dem Mini-Wackler am Mittwoch“, kommentiert Reid.
Deutsche Anleger wären die Verlierer
Gerade ein nochmals schwächerer Dollar würde zulasten ausländischer Anleger gehen. So wären auch deutsche Eigner US-amerikanischer Aktien betroffen, die in Euro handeln. Sie würden dann wechselkursbedingte Verluste hinnehmen.
Ob der Markt so drastisch reagiert, hänge aber noch an zwei Faktoren, betonen Reid und Saravelos. Einerseits bleibt die Frage, ob die übrigen Fed-Direktoren und die Vorsitzenden der regionalen Standorte geschlossen an der Unabhängigkeit der Notenbank festhalten. Auf der anderen Seite könnte eine sinkende Inflation die Reibung zwischen den Zinshütern und Trumps Regierung, die sich sinkende Zinsen wünscht, verringern.