DIHK-Umfrage - Neue Regierung muss Standort wieder attraktiver machen
Berlin (Reuters) - Die deutschen Unternehmen pochen nach der Bundestagswahl auf schnelle Reformen, um den Standort wieder attraktiver zu machen.
"Digitalisierung, Klimaschutz und der Fachkräftemangel sind für die Unternehmen die wichtigsten Zukunftsthemen", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Peter Adrian. Hier drohe Deutschland zunehmend Boden zu verlieren. "Unsere Wirtschaft braucht jetzt einen spürbaren Investitions-Ruck." Richtschnur für den neuen Koalitionsvertrag sollte sein, private und öffentliche Investitionen zu fördern. "Wir müssen zügiger entscheiden können."
Der DIHK veröffentlichte am Mittwoch Ergebnisse einer Umfrage, auf die rund 3500 Firmen aus allen Branchen geantwortet haben. 61 Prozent nennen darin die Digitalisierung als besonders wichtiges Thema für die neue Bundesregierung. 41 Prozent geben an, die Verwaltung müsse besser werden. 39 Prozent verweisen auf den Klimaschutz, 33 Prozent eine Reform der Unternehmenssteuern und 31 Prozent auf hohe Strompreise.
Der Digitalverband Bitkom bekräftigte die Forderung, es müsse ein eigenständiges und starkes Digitalministerium geschaffen werden. "Mit 71 Prozent Zustimmung hat diese Forderung einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung und wird von Anhängerinnen und Anhängern aller Parteilager mehrheitlich geteilt", sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. "Aktuell tragen 57 Abteilungen, Unterabteilungen und Referate in Bundesministerien und Kanzleramt das Wort 'Digital' im Namen." Das behindere den Fortschritt.
Positiv beurteilen die vom DIHK befragten Firmen weiterhin die duale Berufsausbildung, die Rechtssicherheit sowie die Forschung. Viele Standortfaktoren werden aber kritisch bewertet - und meist auch schlechter als vor vier Jahren, als die große Koalition ausgehandelt wurde. Gemessen an Schulnoten bekommt die Bürokratie eine Durchschnittsbewertung von 4,8 - das ist eine halbe Note schlechter als 2017. "In der Praxis erleben viele Betriebe langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren, die immer noch nicht digitalisiert sind", kritisierte Adrian. Auch die Stromkosten werden mit 4,5 negativer eingeschätzt. Hier ist der Abwärtstrend gegenüber 2017 am stärksten. "Und die Energiekosten werden sich weiter verteuern in den nächsten Monaten und Jahren."
Nach der Bundestagswahl vom Sonntag wird in den nächsten Tagen voraussichtlich eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ausgelotet - unter einem SPD-Kanzler Olaf Scholz. Die in der Wirtschaft favorisierte Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP ist zwar noch denkbar, gilt bei vielen Beobachtern momentan aber nicht als wahrscheinlich.
Das liege vor allem an CDU-Chef Armin Laschet. "Die Schwäche Laschets darf kein Hindernis für ein starkes Jamaika-Bündnis werden", sagte Markus Jerger, der Bundesgeschäftsführer des Mittelstandsverbandes BVMW. Laut einer wenige Tage vor der Wahl durchgeführten Umfrage waren 34 Prozent der Mittelständler für Jamaika, nur 18,5 Prozent votierten für eine Ampel-Koalition. "Herr Laschet muss den Weg für eine Jamaika-Koalition freimachen", sagte Jerger. Zuletzt wurde spekuliert, ob CSU-Chef Markus Söder, der Laschet im Rennen um die Kanzlerkandidatur unterlegen war, womöglich noch eine Jamaika-Regierung schmieden könnte.