OECD warnt Bundesregierung vor verfrühtem Sparkurs - "Gefährdet Erholung"
Berlin (Reuters) - Die Industriestaaten-Organisation OECD rät der Bundesregierung von einer raschen Rückkehr zu strikter Haushaltsdisziplin nach der Corona-Rezession ab.
"Eine sofortige Wiedereinführung einer strengen Defizitbegrenzung gemäß der Schuldenbremse könnte die Erholung gefährden", schreibt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem am Dienstag veröffentlichten Länderbericht. Im Falle einer schwachen Konjunkturbelebung sollten sogar zusätzliche Stützungsmaßnahmen ergriffen werden. Fiskalische Impulse dürften nur dann schrittweise entzogen werden, wenn die Erholung "richtig in Gang gekommen ist".
"Um bei einer schwachen Wachstumsentwicklung, zum Beispiel bei weiteren Infektionswellen, 2022 die Schuldenbremse einzuhalten, wäre ein wesentlich drastischerer Defizitabbau erforderlich als nach der globalen Finanzkrise", betonte die OECD. "Dies könnte die Erholung gefährden." Eine mögliche Lösung wäre, wie bei der ursprünglichen Einführung der Schuldenbremse eine allmähliche Verringerung der Defizite zuzulassen oder aber genug Rücklagen zu bilden, um die Konsolidierung verträglicher zu gestalten.
Für dieses Jahr ist wegen der Corona-Krise eine Rekord-Neuverschuldung des Bundes in Höhe von rund 218 Milliarden Euro vorgesehen. Für 2021 ist eine Nettokreditaufnahme von rund 180 Milliarden Euro geplant. Beides geht nur mit Sondergenehmigungen des Bundestags, die in Krisen aber möglich sind. Ab 2022 sollen die im Grundgesetz verankerten Regeln der Schuldenbremse - die für den Bund eine strukturelle Defizitgrenze von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vorsieht - nach Möglichkeit wieder angewendet werden. Die Union fordert von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ein Konzept, wie die Schuldenbremse ab 2022 wieder eingehalten werden kann.
Die OECD sagt der deutschen Wirtschaft eine Erholung von der Corona-Rezession voraus. Das Bruttoinlandsprodukt werde 2021 um 2,8 Prozent und 2022 um 3,3 Prozent wachsen. Für das ablaufende Jahr wird mit einem Rekordeinbruch von 5,5 Prozent gerechnet.