Derivate

Faktor-Optionsscheine – Mit konstanter Hebelwirkung

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Quelle: bsd studio

Faktor-Optionsscheine gehören zu den Hebel-Produkten, weisen aber einige Besonderheiten auf. Ein Hebel-Produkt bildet den Kurs seines Basiswerts – beispielsweise einer Aktie – einfach mit einem Verstärkungsfaktor ab, der als Hebel bezeichnet wird.

Angenommen, der Wert einer Aktie am Ausgabetag eines Hebel-Produkts mit dem Hebel drei beträgt 100 Euro. Steigt der Kurs der Aktie irgendwann auf 110 Euro, hat der Anleger einen Gewinn von 30 Prozent erzielt. Umgekehrt muss der Anleger einen Verlust von 30 Prozent hinnehmen, wenn die Aktie auf 90 Euro fällt. Dabei ist der Kursverlauf der Aktie in der Zwischenzeit unerheblich. Wichtig sind allein die Aktienkurse zum Ausgabetag und am Tag der Fälligkeit.

Faktor-Optionsscheine funktionieren ähnlich, weisen aber dennoch einen sehr erheblichen Unterschied auf. Das Faktor-Zertifikat folgt den täglichen prozentualen Veränderungen des Basiswerts. Steigt der Kurs der Aktie im obigen Beispiel an einem Tag um ein Prozent von 100 Euro auf 101 Euro, gewinnt ein Faktor-Optionsschein um drei Prozent an Wert. Das klingt zunächst genauso wie die Erläuterung eines Hebel-Produkts und am ersten Tag verhalten sich beide in der Tat identisch. Aber an dem zweiten Tag wird der Unterschied offensichtlich. Allerdings sind die Dinge leider ein wenig komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint.

Letztlich geht es nur um die Tücken der Prozentrechnung

Eigentlich braucht es zum grundlegenden Verständnis eines Faktor-Optionsscheins nicht mehr an Mathematik als einfache Prozentrechnung. Nehmen wir an, im obigen Beispiel fällt der Kurs der Aktie am zweiten Tag wieder um einen Euro, also von 101 Euro auf den Ausgangswert von 100 Euro zurück. Richtig ist, dass dieser Rückgang dann nicht einem Verlust von einem Prozent, sondern nur von 0,99 Prozent entspricht. Der Faktor-Optionsschein mit dem Hebel drei steigt also am ersten Tag um drei Prozent, fällt aber am zweiten Tag nur um 3*0,99 = 2,97 Prozent.

Angenommen, auch das Zertifikat habe einen Ausgangswert von 100 Euro gehabt. Dann war es nach dem ersten Tag 103 Euro wert. Es ist also am ersten Tag um drei Prozent - bezogen auf 100 Euro - gestiegen und am zweiten Tag um 2,97 Prozent - bezogen auf 103 Euro - im Wert gefallen. Der Faktor-Optionsschein hat nach dieser Berechnung noch einen Wert von 99,94 EUR.

Ebenso wie ein normales Hebel-Produkt hat der Faktor-Optionsschein also schlicht die Kursbewegung der zugrunde liegenden Aktie nachvollzogen und ist wieder auf dem Ausgangswert gelandet, als die Aktie auf ihrem Ausgangswert landete. Bisher sind wir also auf keinen wirklichen Unterschied zwischen Hebel- und Faktor-Produkten gestoßen. Das liegt daran, dass wir bislang stillschweigend unterstellt haben, dass der Anleger auf einen steigenden Aktienkurs spekuliert, also „long geht“.

Mit Faktor-Optionsscheinen kann der Anleger jedoch auch „short gehen“ und auf fallende Kurse setzen. Dann wird die ganze Sache ein wenig trickreich, weil sich der Basiswert und der Wert des Faktor-Optionsscheins nicht mehr im Gleichschritt bewegen, sondern gegenläufig verlaufen.

Short-Optionsscheine

Wir bleiben bei unserem bisherigen Beispiel der 100-Euro-Aktie und des Faktor-Optionsscheins mit dem Hebel drei. Nun nehmen wir aber an, dass der Anleger auf einen fallenden Kurs spekuliert. Der Optionsschein gewinnt also an einem Tag um drei Prozent an Wert, wenn die Aktie um ein Prozent fällt und umgekehrt.

Der Übersichtlichkeit halber nehmen wir ebenfalls wieder an, dass der Wert des Optionsscheins am Anfang ebenfalls 100 Euro beträgt. Steigt die Aktie am ersten Tag wieder um ein Prozent, verliert der Anleger drei Prozent. Der Optionsschein ist nach dem ersten Tag also 97 Euro wert. Fällt die Aktie am zweiten Tag wieder auf 100 Euro zurück, entspricht das einem Kursverlust von 0,99 Prozent, wie weiter oben dargelegt.

Und genau hier offenbart sich der Unterschied zwischen Hebel- und Faktor-Produkten. Der Faktor-Optionsschein gewinnt am zweiten Tag um 3*0,99 = 2,97 Prozent an Wert - dieses Mal aber bezogen auf 97 Euro statt auf 103 Euro! Es ist also nach dem zweiten Tag nur noch 99,88 Euro Wert, obwohl der Aktienkurs exakt auf den Ausgangswert zurückgekehrt ist.

Wie funktionieren Faktor-Optionsscheine? Eine kurze Zusammenfassung:

  • steigt bei einem 3-prozentigen Kursanstieg des Basiswerts um den dreifachen Wert (+9 Prozent).
  • fällt bei einem 3-prozentigen Kursrückgang des Basiswerts um den dreifachen Wert (-9 Prozent).
  • fällt bei einem 3-prozentigen Kursanstieg des Basiswerts um den doppelten prozentualen Wert (-6 Prozent).
  • steigt bei einem 3-prozentigen Kursrückgang des Basiswerts um den doppelten Wert (+6 Prozent).

Wozu eignen sich Faktor-Optionsscheine?

Das für den Anleger wichtigste Merkmal der Faktor-Optionsscheine ist der Hebel. Der Anleger kann also von Kursgewinnen einer Aktie deutlich stärker profitieren, als wenn er die Aktie direkt erwirbt. Umgekehrt ist er auch von Verlusten deutlich stärker betroffen.

Die meisten Faktor-Optionsscheine weisen Hebel zwischen zwei und vier auf. Faktor-Optionsscheine richten sich an Anleger, die eine bestimmte Erwartung bezüglich der Kursentwicklung eines Basiswerts haben und bereit sind ein entsprechendes Risiko einzugehen. Aufgrund des festen Hebels eignen sich Faktor-Optionsscheine nicht, um sich gegen Kursverluste von Aktien im eigenen Depot abzusichern.

Ausstattung und Risikoprofil von Faktor-Optionsscheinen

Drückt man es eher intuitiv als mathematisch aus, kann man sagen, dass Faktor-Optionsscheine ein um den Hebel vervielfachtes Risiko gegenüber dem Direktinvestment aufweisen. Aber auch andere Hebelprodukte weisen deutliche Risiken auf, die vom Anleger vor seiner Investition genauer betrachtet werden sollten.

Knock-Out-Zertifikate funktionieren beispielsweise ähnlich, weisen aber eine Knock-Out-Schwelle des Basiswertes auf, bei deren erreichen ein Totalverlust eintritt. Beim Faktor-Optionsschein gibt es Schutzmechanismen die einen Totalverlust verhindern. Außerdem weisen Faktor-Optionsscheine eine unbegrenzte Laufzeit auf. Es gibt also keinen Stichtag, an dem eine Endabrechnung erfolgt. Gerade solche Stichtage sind höchst riskant. Stichtage sind grundsätzlich riskant, aber auch unbegrenzte Laufzeiten können eine unbegrenzte Abwärtsspirale bedeuten.

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