2 + 2 gleich 5 – 1

Stefan Riße · Uhr

Noch vor kurzem verzeichneten DAX, S&P 500 und Dow Jones neue Rekorde oder bewegten sich zumindest sehr dicht dran. Dennoch ist die Stimmung insbesondere in Deutschland unter der Masse der Anleger nicht besonders euphorisch. Im Gegenteil: Immer mehr Pessimismus hat sich in den vergangenen Wochen breitgemacht. Das ist unüblich, denn normalerweise steigt die Stimmung mit den Kursen. Doch keine Sorge, an der allgemeinen Börsenpsychologie hat sich gar nichts geändert, die Indizes vermitteln nur nicht das wirkliche Bild.

Gesunde partielle Korrektur

Die Börsenentwicklung der vergangenen Wochen zeigt sehr schön, in welchen Werten die Anleger überinvestiert waren. Wie zu vermuten, waren es vor allem die Technologiewerte und Corona- Gewinner. Und diese sind von ihren Rekordständen weit entfernt. Und das ist gut so. Wir erinnern uns, ab Ende des vergangenen Jahres gab es extrem irrationale Entwicklungen an den Märkten. Es stiegen am allerstärksten die am meisten leer verkauften Aktien - Stichwort „Gamestop“ und andere. Diese waren ja nicht umsonst so stark leer verkauft, die fundamentalen Kennzahlen und Kurse passten nicht mehr zusammen. Dennoch explodierten diese Aktien förmlich. Das gleiche passierte mit den nicht profitablen Technologie-Unternehmen, die viel stärker zulegten als ihre Mitbewerber, die riesige Profite einfahren. Ob Delivery Hero, Shop Apotheke, Tesla oder der in den USA solche Werte umfassende ARK Innovation Fund, der lange Zeit allen davon gelaufen war - überall gab es bereits Korrekturen zwischen 30 und 50 Prozent. Das gleiche gilt für die SPACs, die mittlerweile im Durchschnitt unter Ihren Emissionskursen liegen. Da wundert es nicht, dass die Stimmung bei vielen nicht so gut ist, denn wer hier investiert war, der hat eine echte Baisse erlebt und nichts von der Rückkehr der zyklischen traditionellen Value-Werte gehabt.

Es kommt, wie’s kommen muss, aber nicht auf direktem Weg

Börsenaltmeister André Kostolany sagte 2 + 2 ist nicht gleich 4, sondern 5 – 1. Auf Umwegen setzt sich die Logik durch und der Börsianer muss nur genug Kapital haben, um „- 1“ aussitzen zu können. Wie wir wissen, ging zuletzt vielen Leerverkäufern bis dahin das Geld aus. Doch waren sie erst „heraus gesqueezed“, setzte sich das Logische wieder durch. Man kann also schon sagen, dass der Markt eine gesunde Korrektur erlebt hat. Fraglos sind manche der Technologietitel immer noch überbewertet, aber die ganz große Euphorie ist erst mal vorbei. Kommt damit der schnelle Wiederaufstieg in diesem Segment? Wahrscheinlich eher nicht. Alles deutet jetzt auch in Europa auf ein absehbares Ende der Corona-Einschränkungen hin und so könnten die typischen Werte, die unter Corona gelitten haben, noch weiter nach oben laufen. Noch sind beispielsweise die internationalen Fondsmanager übergewichtet in Wachstumstiteln gegenüber Value-Aktien. Das zeigen Auswertungen der Bank of America. Bei Privatanlegern dürfte es nicht anders sein. Ihre Stimmung wäre sonst besser.

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