Braunkohle-Ausstieg in NRW bis 2030 - Neue Gaskraftwerke

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2022. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

Berlin/Düsseldorf (Reuters) - Die letzten Braunkohlkraftwerke in Nordrhein-Westfalen sollen trotz der aktuellen Energiekrise früher als geplant abgeschaltet werden.

Der Versorger RWE werde im Jahr 2030 und damit acht Jahre früher als bisher vereinbart die Verstromung beenden, teilten RWE und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag mit. Allerdings stünden jetzt bereits drei Reserve-Braunkohle-Blöcke wieder zur Verfügung, zwei weitere würden nicht wie eigentlich geplant abgeschaltet. Damit soll der Einsatz des knappen Gases in Kraftwerken gemindert werden. Parallel sollen mit Blick auf 2030 jetzt neue Gaskraftwerke ausgeschrieben werden, um dann wieder zuverlässige Stromproduzenten am Netz zu haben. Sie sollten später auch komplett mit grünem Wasserstoff betrieben werden können. RWE werde sich an der Ausschreibung für bis zu drei Gigawatt-Leistung beteiligen.

"Das ist ein guter Tag für den Klimaschutz", sagte Habeck. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ist von einem Kohle-Ausstieg "idealerweise" bis 2030 die Rede. Steinkohlekraftwerke werden jedoch nach derzeitiger Rechtslage voraussichtlich bis Anfang der 30er Jahre laufen. Zudem sind in Ostdeutschland noch eine Reihe im Vergleich zu NRW modernere Braunkohlkraftwerke in Betrieb.

Laut RWE-Berechnungen werden mit dem früheren Aus für die Kraftwerke im rheinischen Revier rund 280 Millionen Tonnen Klimagase weniger ausgestoßen. Der Konzern sicherte zudem zu, an den ehemaligen Braunkohlegruben Windräder mit einem Gigawatt-Leistung zu bauen. Rein rechnerisch entspräche dies - wenn der Wind immer wehte - der Leistung eines AKW. Allerdings bedeutet die Reaktivierung der Braunkohlemeiler, die in der Gaskrise bis Frühjahr 2024 laufen sollen, dass die Ortschaft Lützerath abgebaggert wird. Sie war zuletzt zu einem Symbol des Widerstandes gegen die klimaschädliche Kohle geworden. Die Siedlung müsse aber von RWE für den Braunkohleabbau in Anspruch genommen werden, räumte auch NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur ein - "auch wenn ich es mir anders gewünscht hätte."

RWE WILL SICH AN AUSSCHREIBUNG VON GASKRAFTKWERKEN BETEILIGEN

Obwohl Gas derzeit knapp ist, will die Regierung nun die Ausschreibung neuer Kraftwerke mit diesem Brennstoff auf den Weg bringen. Dies ist bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung verankert. Die Anlagen werden vor allem als Ausgleich zu den erneuerbaren Energien gebraucht, die bei Dunkelheit oder Flaute nicht produzieren können. Ziel ist es, bis 2030 rund 80 Prozent Ökostrom am Netz zu haben. Der Rest müsste bei einem vorzeitigen Kohleausstieg von Gaskraftwerken erzeugt werden. Da diese zudem mit dem Ausbau von Wind- oder Solarenergie immer weniger laufen, werden sie voraussichtlich staatlich subventioniert. Ziel ist es, sie aber letztlich rein mit aus erneuerbaren Energien produziertem Wasserstoff zu betreiben.

Kritik an der Vereinbarung zwischen Habeck und RWE kam von der FDP: "Die von Minister Habeck vorgeschlagene vorzeitige Abschaltung von Kohlekraftwerken sendet in Zeiten der Energiekrise ein falsches Signal an die Märkte", sagte der Energieexperte Michael Kruse. Politisch festgelegte Abschalttermine hätten das Energiesystem angreifbar gemacht. "Es darf in Deutschland keine Stromlücken geben, die unser System gefährden."

(Bericht von Markus Wacket, Matthias Inverardi, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Meistgelesene Artikel