Corona-Welle kommt mit Wucht zurück - Krankenhäuser warnen

Berlin (Reuters) - Auf Deutschland rollt eine neue Corona-Welle zu. Am Mittwoch waren auf den Intensivstationen der Krankenhäuser 1651 Patienten mit einer Corona-Infektion registriert.
Das ist der höchste Stand seit Mitte April. Zugleich wird die Anzahl der gemeldeten freien Intensivbetten mit nur noch 2430 angegeben. Am Mittwoch entbrannte auch ein Streit zwischen Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter über die Verantwortung für hohe Infektionszahlen im Zusammenhang mit dem Oktoberfest.
Bei anderen Indikatoren zeigt sich ebenfalls, dass die Corona-Welle wie erwartet im Herbst Fahrt aufnimmt. So meldete das Robert-Koch-Institut 136.748 registrierte Neuinfektionen. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg von 787,5 auf 799,9. Das RKI verzeichnete 199 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Corona-Virus, ein deutlicher Anstieg gegenüber der Vorwoche. Die Infektionszahlen sind aber mit Vorsicht zu handhaben, weil die Gesundheitsämter der Länder nicht systematisch und vollständig melden. Zudem verzichten viele Infizierte seit der weitgehenden Abschaffung der kostenlosen Tests darauf, einen PCR-Test zu machen und werden deshalb gar nicht erst registriert. Die Dunkelziffer dürfte deshalb erheblich höher liegen.
Die Hospitalisierungsrate, die angibt, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner in einer Woche in Kliniken eingewiesen werden, ist ebenfalls sehr deutlich gestiegen: Der Wert lag am Dienstag laut RKI bei 11,84. Die Zahlen sind damit in den vergangenen Tagen deutlich höher gewesen als in jeder anderen Phase der Pandemie seit 2020. Deshalb schlägt die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) Alarm und warnt vor einer Überlastung der Kliniken. "Wir haben erhebliche Zuwächse bei den Covid-positiven Patienten. Im Vergleich zur Vorwoche ist die Belegung um 50 Prozent gestiegen", sagte DKG-Chef Gerald Gaß dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). "Wir laufen flächendeckend und nicht nur in Süddeutschland auf extrem schwierige Wochen zu", fügte er in Anspielung etwa auf die sehr hohen Infektionszahlen in München nach dem Oktoberfest hinzu.
Lauterbach sprach von einer "bedrückenden Zunahme" der Zahl derer, wie wegen einer Corona-Infektion in ein Krankenhaus oder gar auf die Intensivstation verlegt werden müssten. Hier müssten die Bundesländer die im neuen Infektionsschutzgesetz möglichen Maßnahmen prüfen und anwenden. Trotz der relativ hohen Zahl der Hospitalisierung sei die Zahl der Todesfälle aber deutlich niedriger als vor einem Jahr. "Das verdanken wir den Impfstoffen." Wären nicht so viele Patienten geimpft, würden sehr viel mehr Menschen in den Krankenhäusern sterben.
Münchens Oberbürgermeister verwahrte sich unterdessen gegen Lauterbachs Kritik am Oktoberfest. Er habe Lauterbach schon im April gefragt, ob es Zugangsbeschränkungen geben könne. Weder der Bund noch der Freistaat Bayern hätten den Mut gehabt, eine Regelung zu erlauben, die den Zugang nur für frisch Getestete möglich gemacht hätte, twitterte der SPD-Politiker. Lauterbach habe mehrfach gesagt, dass er keinen Grund sehe, das Oktoberfest abzusagen. Deshalb sei er verwundert über dessen Kritik. Dieser hatte am Dienstag getwittert: "Das Oktoberfest erinnert uns: Schreien und Rufen im Innenraum maximiert Aerosolübertragung von Corona." Im Winter werde das ein großes Problem werden. "Ich rechne fest damit, dass wir an der Maskenpflicht im Innenraum nicht vorbei kommen."
(Bericht von Andreas Rinke und Alexander Ratz; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)