Entwurf - Neue Zinsbuchung verschafft Lindner 2025 Spielraum von 7,3 Mrd Euro

Reuters · Uhr
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Berlin (Reuters) - Durch die geplante neue Buchungspraxis von Zinslasten verschafft sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Haushalt für 2025 einen zusätzlichen Spielraum von 7,3 Milliarden Euro.

Dies geht aus dem der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vorliegenden Gesetzentwurf für eine "periodengerechte Veranschlagung von Zinsausgaben" hervor, der derzeit in der Bundesregierung abgestimmt wird. Lindner hatte die auch von der Bundesbank und vom Wissenschaftlichen Beirat beim Finanzministerium befürwortete Umstellung der Zinsbuchung bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs für 2025 angekündigt. Für den Finanzplanungszeitraum bis 2028 wird die Entlastung bei den Zinsansätzen auf der Grundlage einer mit Unsicherheiten behafteten Modellrechnung auf 20,4 Milliarden Euro beziffert.

Mit der Umstellung werden die Zinslasten für Kredite stärker auf die gesamte Laufzeit verteilt. Der Verkaufserlös etwa von Bundesanleihen soll künftig vollständig als Krediteinnahme veranschlagt und gebucht werden, anstatt wie bisher der Nennwert: "Die Gesamtzinskosten (Kupon, Stückzins, Agio/Disagio, Diskontbetrag) sollen über die Laufzeit des Wertpapiers hinweg periodengerecht veranschlagt und gebucht werden."

Dadurch könnten im Bundeshaushalt für 2025 der Ansatz für Zinsausgaben "um rund 7,3 Milliarden Euro reduziert und im Gegenzug die Zinsausgabenansätze der Folgejahre in dieser Höhe belastet werden", heißt es in dem Entwurf. Dies basiere auf einer Modellrechnung mit Stichtag 31. Mai 2024. Für die Sondervermögen des Bundes mit eigener Kreditermächtigung entstehe zudem für 2025 eine Entlastung in Höhe von rund 800 Millionen Euro. "Diese Modellrechnung ist jedoch mit Unsicherheiten behaftet und die Werte können sich im weiteren Jahresverlauf ändern, insbesondere reduzieren", heißt es weiter.

WEITER ETAT-LÜCKE VON 17 MILLIARDEN EURO

Die neue Buchungspraxis ist im Regierungsentwurf des Etats für 2025 schon berücksichtigt. Die in dem Entwurf noch klaffende Lücke von 17 Milliarden Euro verringert sich dadurch nicht. Dieser Fehlbetrag soll allerdings noch um etwa acht Milliarden Euro verringert werden, indem unter anderem Zuschüsse an die Deutsche Bahn und die Autobahngesellschaft in Darlehen umgewandelt werden, die nicht unter die Schuldenbremse fallen. Das lässt Lindner derzeit aber noch rechtlich prüfen. "Es handelt sich um Vorschläge, für die das Kanzleramt öffentlich die Urheberschaft reklamiert", sagte Lindner dem "Handelsblatt". "Ich will nun von Sachverständigen wissen, ob diese Ansätze mit der Verfassung vereinbar und wirtschaftlich sinnvoll sind."

Der Bund nimmt Kredite überwiegend über die Ausgabe von Wertpapieren auf, die mit einer festen Zinszahlung versehen sind. Derzeit verteilen sich im Bundeshaushalt nur diese regelmäßigen Kuponzahlungen gleichmäßig über die Laufzeit. Beim Verkauf etwa von Bundesanleihen fallen aber auch Auf- und Abschläge (Agien und Disagien) an, wenn der Zinskupon über oder unter dem Marktzins liegt. Die Einnahmen oder Kosten daraus werden im Jahr der Wertpapierausgabe im Bundeshaushalt verbucht. Auch sie sollen nun stärker auf die Laufzeit verteilt werden.

Die bisherige Buchungspraxis hatte in Zeiten sinkender Zinsen oder sogar Negativzinsen dazu geführt, dass der Bund Mehreinnahmen in Milliardenhöhe verbuchten konnte. In einem niedrigen Zinsumfeld etwa sind Investoren bereit, einen Preis über dem Nennwert der Anleihe zu zahlen, um sich höhere Zinszahlungen zu sichern. Die Bundesbank hatte daher schon 2021 gewarnt, die bisherige Buchungspraxis könnte auch zur Umgehung der Schuldenbremse missbraucht werden. Die Zentralbank und der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium plädieren daher seit längerem für eine periodengerechte Buchung.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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