Selenskyj fordert Langstreckenraketen zum Kampf gegen Russland

(Neu: Selenskyj bei Scholz, Austin-PK nach Abschluss)
Ramstein (Reuters) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert von den westlichen Partnern Langstreckenraketen, um damit auch Ziele in Russland angreifen zu können.
"Rote Linien" des russischen Staatschefs Wladimir Putin sollten die westlichen Alliierten ignorieren, sagte Selenskyj am Freitag bei einem Treffen der sogenannten Kontaktgruppe auf dem US-Stützpunkt in Ramstein in Rheinland-Pfalz. Die ukrainischen Streitkräfte brauchten zudem weitere F-16-Kampfjets und mehr Kapazitäten für die Luftverteidigung, um gegen das russische Militär bestehen zu können, sagte Selenskyj weiter.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte nach Ende des Treffens, die Ukraine verfüge selbst über eine beträchtliche Zahl an Waffen, die russisches Gebiet erreichen könnten. Letztlich werde dieser Krieg am Verhandlungstisch beendet werden. Es sei aber fraglich, wann dies so weit sein werde.
Es ist ungewöhnlich, dass Selenskyj am Treffen der Kontaktgruppe von Unterstützerstaaten für die Verteidigung der Ukraine teilnimmt, das auf Ebene der Verteidigungsminister stattfindet. Die Lage in der Ukraine hat sich in den vergangenen Wochen aber dramatisch verschärft. Insbesondere im Osten geraten die ukrainischen Streitkräfte immer mehr in Bedrängnis. Zudem überzieht Russland die gesamte Ukraine mit permanenten Luftangriffen.
"Wir benötigen diese Langstreckenfähigkeiten nicht nur auf ... ukrainischem Gebiet, sondern auch auf russischem Territorium, damit Russland motiviert wird, den Frieden zu suchen", sagte Selenskyj. Er begründet seine Forderung damit, dass durch solche Angriffe etwa auf militärische Flughäfen russische Luftangriffe in der Ukraine verhindert werden könnten.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sagte, die Haltung der Bundesregierung zu diesem Thema sei "unverändert". Für die Bundesregierung ist der Einsatz aus Deutschland stammender Waffen durch die Ukraine im Rahmen des Völkerrechts zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg auch gegen Ziele in Russland möglich. Die Frage der längeren Reichweite betreffe nur Länder, die diese speziellen Waffen oder Munitionssorten geliefert hätten, stellte das Bundesverteidigungsministerium klar. Für die deutschen Systeme sei dies nicht zutreffend.
"WICHTIGER IMPULS"
Pistorius kündigte zugleich neue Waffenlieferungen an die Ukraine an. "Wir werden zwölf moderne Panzerhaubitzen vom Typ 2000 an die Ukraine liefern", sagte der SPD-Minister. Dieses Jahr sollten sechs dieser Haubitzen in die Ukraine gebracht werden, die übrigen sechs im kommenden Jahr. Sie hätten einen Gesamtwert von 150 Millionen Euro. Zudem wolle man mit anderen europäischen Partnern der ukrainischen Armee so rasch wie möglich 77 Kampfpanzer vom Typ Leopard 1A5 überlassen.
Am Rande seines Deutschland-Besuchs kam Selenskyj auch mit Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen. Er sei "dankbar für die umfassende Unterstützung", schrieb Selenskyj im Anschluss auf X. "Dies Unterstützung ist sehr wichtig - sie ist die Grundlage für unseren erfolgreichen Kampf für die Unabhängigkeit der Ukraine." Er sei zudem dankbar dafür, dass Deutschland bei der Lieferung von Luftabwehr die Führung übernommen habe, "was ukrainische Leben rettet". Er habe mit Scholz auch über die Vorbereitungen für einen zweiten Friedens-Gipfel gesprochen.
US-Präsident Joe Biden wird zusätzliche Hilfen für die Ukraine in Höhe von 250 Millionen Dollar genehmigen, wie US-Verteidigungsminister Austin in Ramstein bekanntgab. Dies werde die Fähigkeiten verstärken, um den sich wandelnden Anforderungen der Ukraine gerecht zu werden, sagte Austin. Die Mittel sollten schnell zur Verfügung gestellt werden. Das Ramstein-Format wird von Austin geleitet und besteht aus mehr als 50 Staaten, darunter alle Mitglieder der Nato. Großbritannien kündigte an, der Ukraine 650 leichte Mehrzweckraketen im Wert von 162 Millionen Pfund zur Verfügung zu stellen.
(Bericht von Anastasiia Malenko, Phil Stewart, Sabine Siebold, David Ljunggren; bearbeitet von Alexander Ratz; redigiert von Elke Ahlswede; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)