Naim Qassem zum neuen Hisbollah-Chef gewählt

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Beirut (Reuters) - Die im Libanon einflussreiche Hisbollah-Miliz hat Naim Qassem zu ihrem neuen Generalsekretär gewählt.

Er folgt auf Hassan Nasrallah, der im September bei einem israelischen Luftangriff auf einen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet wurde. Der Shura-Rat der Hisbollah erklärte am Dienstag, der 71-jährige bisherige Vize-Generalsekretär Qassem sei zu Nasrallahs Nachfolger bestimmt worden.

Qassem war 1991 vom damaligen Generalsekretär der Hisbollah, Abbas al-Musawi, zum Stellvertreter ernannt worden. Al-Musawi starb im darauf folgenden Jahr bei einem israelischen Hubschrauberangriff. Nachfolger an der Spitze der schiitischen Organisation wurde Nasrallah, unter dem Qassem Vize blieb. Seit langem ist er einer der führenden Vertreter der Hisbollah. So gab er ausländischen Medien Interviews auch während der im vergangenen Jahr eskalierten grenzüberschreitenden Feindseligkeiten mit Israel. Qassem war auch der erste in der Hisbollah-Führung, der nach der Tötung Nasrallahs eine Fernsehansprache hielt. "Was wir tun, ist das absolute Minimum", erklärte er damals. "Wir wissen, dass der Kampf langwierig sein kann."

Nasrallah wurde am 27. September bei einem israelischen Angriff auf einen Vorort im Süden Beiruts getötet. Nur eine Woche später kam auch Hashem Safieddine bei einem israelischen Angriff ums Leben, der als wahrscheinlicher Nachfolger Nasrallahs galt.

Qassem hat seit der gezielten Tötung Nasrallahs bereits drei Fernsehansprachen gehalten. So sagte er am 8. Oktober, die Hisbollah unterstütze die Bemühungen des libanesischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri um eine Waffenruhe im Libanon. Erstmals nannte er dabei nicht eine Waffenruhe im Gazastreifen, wo die verbündete Hamas und Israel seit einem Jahr Krieg führen, als Voraussetzung für einen Stopp der Hisbollah-Angriffe auf das Nachbarland. Er erklärte aber auch, der Konflikt zwischen seiner Organisation und Israel sei ein Krieg, bei dem es darum gehe, wer zuerst weine. Die Hisbollah werde nicht zuerst weinen, trotz "schmerzhafter Schläge" durch Israel seien ihre Fähigkeiten intakt.

Qassem wurde 1953 in Beirut geboren, seine Familie stammt aus dem Süden des Libanons. Sein politisches Engagement nahm seinen Anfang in der libanesischen schiitischen Amal-Bewegung. Er verließ die Gruppe 1979 im Zuge der Islamischen Revolution im Iran, die das politische Denken vieler junger schiitischer Aktivisten im Libanon prägte. Qassem nahm an Treffen teil, die zur Gründung der Hisbollah führten. Diese erfolgte 1982 mit maßgeblicher Unterstützung der iranischen Revolutionsgarde und ist eine Reaktion auf die israelische Invasion des Libanons im selben Jahr.

Seit die Hisbollah, die nicht nur Miliz sondern auch politische Partei ist und ein soziales Netzwerk unterhält, 1992 erstmals bei einer Parlamentswahl antrat, ist Qassem der Wahlkampf-Koordinator. Die Hisbollah (Partei Gottes) entwickelte sich während des Bürgerkrieges im Libanon 1975 bis 1990 von einer kleinen schiitischen Gruppe zu einer einflussreichen Größe über die Grenze hinaus. 1983 vertrieb sie die israelischen Streitkräfte aus dem Libanon. 2006 kämpfte sie in einem monatelangen Krieg im Libanon gegen das israelische Militär. Dieses konnte die schwer bewaffnete und vom Iran unterstützte Miliz nicht besiegen und zog seine Truppen ab. Für die Hisbollah war dies ein enormer Triumph, der ihr Anhänger nicht nur in ihren Hochburgen im Südlibanon brachte. Israel betrachtete die Miliz schließlich als den gefährlichsten Gegner an seinen Grenzen.

Im Zuge des Gaza-Krieges beschießt die Hisbollah immer wieder Ziele in Israel. Dessen Armee marschierte in der Nacht zum 1. Oktober in den Süden des Libanons ein. Seither liefern sich beide Seiten erbitterte Kämpfe, bei denen die Friedenssoldaten der Unifil-Truppen der Vereinten Nationen mehrfach unter israelischen Beschuss gerieten.

(Bericht von: Maya Gebeily, Timour Azhari, Sabine Ehrhardt, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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