Anleger an europäischen Börsen nehmen Gewinne mit

Reuters · Uhr

Frankfurt (Reuters) - Der Rally an Europas Börsen ist die Luft ausgegangen.

Die in Richtung alter Höchststände gekletterten Aktienkurse verlockten Investoren am Dienstag zum Kasse machen. "Angesichts der fulminanten Kursrally aus den vergangenen Wochen bekommen die Anleger nun kalte Füße und versuchen ihre Gewinne nun verständlicherweise zu versilbern", sagte Analyst Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus. "Dass der erneute Rücksetzer diesmal nicht im Gegenzug als Wiedereinstieg genutzt wird, könnte für eine größere Konsolidierungsbewegung sprechen."

Der Dax büßte zwei Prozent auf 12.562 Punkte ein und der EuroStoxx50 gab 1,7 Prozent auf 3307 Zähler nach. Immer mehr Anleger misstrauten der jüngsten Erholungsrally. Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie waren die weltweiten Aktienmärkte ab Mitte Februar binnen weniger Wochen um mehr als 30 Prozent eingebrochen. Mittlerweile flirten sie aber bereits wieder mit den zum Jahresanfang erreichten Rekordhochs und notieren wieder rund 40 Prozent über ihren Tiefs vom März.

Zwar rückte die Sorge vor einer zweiten Infektionswelle immer weiter in die Ferne. Aber die Ungewissheit über den tatsächlichen Zustand der Konjunktur vertrieb die Kauflaune. Mit Spannung erwarteten Investoren nun Aussagen der US-Notenbank, die am Mittwoch anstehen. Die Fed hat wie andere Notenbanken auch ihre Geldschleusen weit geöffnet, um die Folgen der schweren Rezession abzufedern. Zuletzt hatte sie am Montag die Bedingungen ihres Kreditprogramms für kleinere und mittlere Unternehmen gelockert.

Wie stark die Restriktionen zur Eindämmung der Pandemie die Wirtschaft ausbremsten, zeigten am Dienstag Exportzahlen. Wegen der Corona-Rezession sind die deutschen Ausfuhren bei wichtigen Handelspartnern wie Frankreich und den USA so drastisch eingebrochen wie noch nie zuvor. "Vom Exportboom der vergangenen zehn Jahre ist wenig übrig geblieben", kommentierte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger.

TEST FÜR DIE WIRTSCHAFT STEHT NOCH AUS

"Der echte Test für die Wirtschaft kommt dann, wenn in den kommenden Monaten die staatlichen Hilfsprogramme zurückgefahren werden", sagte Rupert Thompson, Chefinvestor bei der Vermögensverwaltung Kingswood. Notleidende Industrien werden zur Zeit mit milliardenschweren Hilfsprogrammen gestützt. So kündigte Frankreich an, der Luftfahrtbranche mit insgesamt 15 Milliarden Euro unter die Arme zu greifen.

Anleger nutzen die kräftigen Kursgewinne der vergangenen Tage insbesondere für Gewinnmitnahmen bei Bank- und Reisewerten. Der europäische Bankenindex gab rund 4,5 Prozent nach. In den vorangegangenen fünf Handelstagen hatte er ein Fünftel zugelegt. Im Dax lagen die Titel der Deutschen Bank mit einem Abschlag von rund fünf Prozent am Ende, im MDax gaben die Aktien der Deutschen Pfandbriefbank zeitweise bis zu 11,7 Prozent nach.

Volkswagen-Aktien notierten nach heftigen Turbulenzen in der Chefetage bis zu 4,8 Prozent im Minus. Nach internen Auseinandersetzungen muss Vorstandschef Herbert Diess die Führung der Hauptmarke VW abgeben. An deren Spitze rückt Ralf Brandstätter, der bereits das operative Geschäft der Marke leitet.

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