BlackRock Marktausblick: Zentralbanken in der Ecke
Das Update zur Woche mit Dr. Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie bei BlackRock
Zentralbanken in der Ecke
Dass 2022 an den Finanzmärkten verlustreich und volatil begonnen hat, liegt - neben Omikron und Russland - vor allem an den Zentralbanken. Denn wenn die wichtigste Notenbank der Welt innerhalb weniger Wochen ihren Blick auf die Geldpolitik drastisch verschärft, drohen die Zinsen zu steigen und verstärkt sich damit der Gegenwind für Aktien. Mit höheren Zinsen werden nicht nur zinstragende Anlagen als Alternativen zu Anteilsscheinen wieder attraktiver, sondern es sinken auch die Gegenwartswerte künftiger Gewinne. Je stärker also die Zentralbanken auf die Bremse treten und je klarer der Blick darauf wird, dass die Zeit rekordniedriger Realzinsen wohl vorbei ist, desto vorsichtiger werden Investoren. Verständlich, immerhin wird ihnen gerade die seit der Finanzkrise geltende Quasi-Gewissheit, dass im Zweifel die Zentralbanken für eine Absicherung der Kurse nach unten sorgen (der sogenannte ‚Central Bank Put‘) sanft aber nachdrücklich aus der Hand genommen. Mit einem Kursabschlag von rund 8% seit Jahresbeginn und einer Volatilität von 20% über dem Schnitt der letzten beiden Jahre stehen US-Aktien derzeit schlechter da als von den meisten Marktteilnehmern (uns inklusive) erwartet. Und weil steigende Zinsen Wachstumsunternehmen mehr wehtun als Value-Titeln, hat die Aussicht auf die Zinswende auch zu einer kräftigen Rotation innerhalb von Aktiensektoren und Anlagestilen beigetragen.
Mit seinen Verweisen auf die robuste US-Wirtschaft, den „sehr, sehr starken“ Arbeitsmarkt und der Bemerkung, es sei angemessen, die Geldpolitik nun zügig zu straffen, hat Fed-Chairman Jerome Powell die Markterwartungen bezüglich anstehender Zinsanhebungen ins Kraut schießen lassen. Inzwischen sind vier oder mehr Zinsschritte (um jeweils 25 Basispunkte) bis zum Jahresende zu mehr als 90% Wahrscheinlichkeit in den Fed Funds Futures abgebildet, fünf oder mehr immerhin noch zu rund 65%. Das FOMC selbst geht bisher offiziell von drei Schritten aus. Und während sich trefflich darüber streiten lässt, ob die Inflation nun hoch bleiben oder sich dem Zielwert wieder annähern wird, hat sich die Fed mit ihrer Verschärfung der Rhetorik relativ klar festgelegt. Eine weitere Straffung der Gangart und damit die Bestätigung der Markterwartungen steht ihr nunmehr offen, wogegen ein Zurückrudern, wenngleich möglich, doch zumindest schwieriger geworden ist. Die Gefahr eines Politikfehlers, etwa für den Fall, dass die Inflationsrate doch schneller fällt als angenommen, die Omikron-Welle der Wirtschaftsdynamik Schaden zufügt oder eine wieder steigende Partizipationsrate am Arbeitsmarkt den Lohndruck zurückgehen lässt, wird konkreter. Zwar signalisierten die Makrodaten letzter Woche mit dem sehr robusten BIP-Wachstum in Q4 (6,9% annualisiert, weit stärker als die vom Markt erwarteten 5,5%) und der im Dezember nochmals gestiegenen Kerninflation (4,85% nach 4,7% im Vormonat) Handlungsdruck. Dagegen schwächelten aber Frühindikatoren wie die Aufträge für langlebige Wirtschaftsgüter und der Einkaufsmanagerindex für das Dienstleistungsgewerbe. Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten um die Wachstums- und Inflationsdynamik dürften in den nächsten Wochen derartige Zahlen sehr genau beobachtet werden, in dieser Woche etwa die ISM-Indikatoren für Industrie und nicht-verarbeitendes Gewerbe oder der Arbeitsmarktbericht am Freitag.
Lässt sich die EZB von der FED beeindrucken?
Anders als die amerikanische Notenbank hat die EZB bisher stoisch an der Vorstellung festgehalten, der Inflationsanstieg sei nur vorübergehend. Und weil hierbei die Basiseffekte (etwa verursacht durch die deutsche Mehrwertsteuer und den Ölpreis) eine so große Rolle spielen, richtet sich in dieser Woche die Aufmerksamkeit auf die Veröffentlichung der vorläufigen europäischen Preisdaten für den Januar. Und am Donnerstag natürlich auf die Frage, was der EZB-Rat bei seinem Treffen aus diesen Daten macht. Eine erste Orientierungsmarke setzten hierbei die vorläufigen deutschen Zahlen, die gestern bekanntgegeben wurden. Mit einer Preissteigerung von immer noch 5,1% beim Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HICP) blieb der Rückgang der Inflation in Europas größter Volkswirtschaft hinter den Markterwartungen (Konsensschätzung 4,7% für Januar, nach 5,7% im Dezember) zurück. Für die heute Nachmittag anstehenden Zahlen für den Euroraum bedeutet dies Enttäuschungspotenzial, denn auch hier ist die Erwartung vor allem bezüglich der Kerninflation mit einem geschätzten Rückgang von 2,6% auf 1,9% sehr sportlich. Mit jedem Monat, in dem die Inflation höher bleibt als vom Markt erwartet (und vermutlich von der EZB erhofft), dürfte sich der Druck auf die Zentralbanker im Frankfurter Ostend erhöhen. Schon ziehen Investmentbanken ihre Prognose der ersten Zinsanhebung auf Ende 2022 vor. Wir halten das für verfrüht und bleiben bei unserer Erwartung eines Rückgangs der Inflation auf Werte um 2% Richtung Jahresende sowie damit einer unveränderten Forward Guidance der EZB. Selten in den letzten Jahren war die Veröffentlichung von Makrodaten so spannend wie derzeit.
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