Chinas Volkskongress segnet strikteres Wahlsystem für Hongkong ab

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Peking/Hongkong (Reuters) - Der chinesische Volkskongress hat auf seiner Jahrestagung das neue Wahlsystem für Hongkong abgesegnet, mit dem die Führung in Peking Hongkong noch fester in den Griff nimmt.

Das Parlament nahm am Donnerstag in der Großen Halle des Volkes in Peking den Entwurf für das neue Wahlgesetz mit großer Mehrheit an - 2895 Abgeordnete stimmten dafür, es gab keine Gegenstimme und eine Enthaltung. Die demokratischen Institutionen in der Sonderverwaltungszone werden weiter beschränkt, die Demokratiebewegung noch stärker zurückgedrängt. Die Führung in Peking reagiert damit auf die Protestwelle 2019 in der Finanzmetropole und sichert sich noch mehr Einfluss auf die Besetzung der Regierungsspitze in Hongkong. Die dort amtierende Regierungschefin Carrie Lam sicherte ihre Unterstützung zu und erklärte ihre "aufrichtige Dankbarkeit".

Die Neugestaltung des Wahlsystems ziele darauf ab, Hongkong "wieder auf den richtigen Weg zu bringen", sagte Lam. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang sagte auf einer Pressekonferenz, der Zweck der Änderungen bestehe darin, das bei der Übergabe Hongkongs vereinbarte Prinzip "ein Land - zwei Systeme" einzuhalten und zu verbessern. Das Verbindungsbüro, also die Vertretung der chinesischen Führung in Hongkong, erklärte, die Zentralregierung habe gute Absichten. "Wir erwarten von allen Teilen der Gesellschaft und der Öffentlichkeit, dass sie Verantwortung für die Änderung des Gesetzes übernehmen und Vorschläge unterbreiten, damit unter dem Banner des Patriotismus und der Liebe zu Hongkong starke positive Energie gesammelt werden kann."

OPPOSITION KÜNFTIG PRAKTISCH OHNE EINFLUSS

Kritik kam jedoch aus Großbritannien, zu dem Hongkong früher als Kronkolonie gehörte. Außenminister Dominic Raab sagte, die Änderungen des Wahlsystems untergrüben das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft in China noch mehr. "Dies ist der jüngste Schritt Pekings dahin, den Raum für demokratische Debatten in Hongkong zu schmälern."

Die Änderungen schließen praktisch jede Möglichkeit aus, dass die Opposition in Hongkong Wahlergebnisse beeinflussen kann. Größe und Zusammensetzung des Parlamentes werden neu zugeschnitten. Ein neuer Mechanismus wird eingeführt, um Kandidaten zu überprüfen und sicherzustellen, dass in Hongkong nur regieren kann, wer als "Patriot" eingestuft ist. Ein Wahlausschuss wählt die Regierungsspitze aus und sichert den Posten damit Peking-treuen Politikern. Hongkongs Regierungschefin Lam sagte dazu, Patriot zu sein bedeute nicht, dass man die Kommunistische Partei Chinas lieben müsse.

Die Rolle der Bezirksräte in Hongkong wird geschmälert. Sie haben zwar ohnehin kaum Macht, doch spiegeln sie die Stimmung in der Bevölkerung der Wirtschafts- und Finanzmetropole wider, denn sie werden über Lokalwahlen bestimmt. 2019 gewannen Kandidaten aus dem Lager der Demokratieverfechter fast 90 Prozent der Mandate. Für die Peking-treue Führung in Hongkong war dies ein Gesichtsverlust.

Hongkong war bei der Übergabe von Großbritannien an China 1997 für mindestens 50 Jahre eine gewisse Autonomie nach dem Prinzip "ein Land - zwei Systeme" zugesagt worden. Nach den Massenprotesten von 2019 festigte China jedoch seinen zunehmend autoritären Griff. Ein sogenanntes nationales Sicherheitsgesetz wurde verabschiedet mit dem erklärten Ziel, Abspaltung, Subversion, Terrorismus und Einmischung aus dem Ausland zu bekämpfen. Kritiker sprechen von einem tiefen Eingriff in die Autonomie, mit dem die Opposition faktisch so gut wie ausgeschaltet worden sei.

onvista Premium-Artikel

Chartzeit Wochenausgabe 13.07.2025
Rekorde, Zölle, Inflation: Warum an den US-Märkten keine Langeweile aufkommt13. Juli · onvista
Rekorde, Zölle, Inflation: Warum an den US-Märkten keine Langeweile aufkommt
Kolumne von Stefan Riße
Vorsicht vor Tipps prominenter Börsenexperten – alles Fake!12. Juli · Acatis
Vorsicht vor Tipps prominenter Börsenexperten – alles Fake!