Corona treibt erstes Bundesland in erweiterten Lockdown

Reuters · Uhr

- von Andreas Rinke

Berlin/München (Reuters) - Angesichts weiter steigender Corona-Infektionszahlen zieht die sächsischen Landesregierung als erstes Bundesland die Notbremse: Ministerpräsident Michael Kretschmer verkündete am Dienstag, dass ab dem 14. Dezember die meisten Geschäfte schließen und die Schulen den Präsenzunterricht aussetzen werden.

Die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina, Gesundheitsminister Jens Spahn und der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprachen sich dafür aus, den Einzelhandel auch bundesweit nach Weihnachten zu schließen. Berlin und Bayern zeigten sich dafür offen. Allerdings gibt es dagegen nach Informationen von Reuters aus Verhandlungskreisen im Kreis der Ministerpräsidenten Widerstand.

Das Robert-Koch-Institut meldete einen Anstieg der Positiv-Tests um 14.054 auf über 1,197 Millionen innerhalb von 24 Stunden. Die Zahl gestorbenen Menschen, die positiv getestet worden waren, erhöht sich um 423 auf 19.342. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 146,9 pro 100.000 Einwohner. Bund und Länder streben an, den Wert der Infektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen wieder unter die Schwelle von 50 zu drücken.

SACHSEN HAT SECHSMAL SO VIELE NEUINFEKTIONEN WIE NORDEN

Im Kreis der Ministerpräsidenten wurde beraten, ob es noch vor Weihnachten eine Abstimmungsrunde von Kanzlerin Angela Merkel mit den 16 Landeschefs geben soll. Merkel hatte am Montag gesagt, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichten. Auch Kanzleramtschef Helge Braun und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) drängen bundesweit auf schärfere Maßnahmen. Dagegen gibt es aber Widerstand in Ländern, in denen die Infektionszahlen nicht so hoch sind wie in Sachsen oder Bayern. "Man muss nicht jede Woche mit neuen Vorschlägen kommen. Länder mit sehr hohen Infektionszahlen sollte lieber dafür sorgen, bei sich die Zahlen zu drücken", sagte ein Vertreter einer Landesregierung.

Sachsen wies eine Sieben-Tages-Inzidenz von 319 aus - sechsmal so hoch wie Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern. Die drastischen Maßnahmen, die in Sachsen bis zum 10. Januar terminiert sind, seien wegen der hohen Corona-Infektionen nötig, sagte Ministerpräsident Kretschmer. "Wir müssen dieses Land zur Ruhe bringen." Vize-Ministerpräsident Michael Günther (Grüne) verwies auf Einschränkungen auch im kleinen Grenzverkehr zu Tschechien, weil das Reisen als ein Grund für die hohen Infektionszahlen gilt. Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) gab Maskenverweigerern und Corona-Leugnern in Sachsen die Hauptschuld für die nun nötigen Maßnahmen.

SOLLEN GESCHÄFTE SCHLIESSEN ODER NICHT?

Insbesondere mögliche Geschäftsschließungen sorgten für Debatten - auch weil sie erneut mit staatlichen Entschädigungszahlungen verbunden sein dürften. Wenn dies auf einer Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen werde, werde die Regierungskoalition von CSU und Freien Wählern dies unterstützen, sagte Söder in einer Regierungserklärung im Bayerischen Landtag. Auch Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) zeigte sich offen für einen solchen Schritt, machte aber einen bundesweiten Beschluss zur Voraussetzung. Andere Landeregierungen waren zurückhaltender. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) betonte mit Blick auf die Kontaktbeschränkungen nur, dass es über Silvester keine Lockerungen geben könne.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die die Bundesregierung berät, forderte umfassende Kontaktbeschränkungen nach Weihnachten. "Ab dem 24. Dezember 2020 bis mindestens zum 10. Januar 2021 sollte in ganz Deutschland das öffentliche Leben weitgehend ruhen und ein harter Lockdown gelten", heißt es in einer Stellungnahme. "Hierfür sollten zusätzlich zu den ab dem 14. Dezember vorgeschlagenen Maßnahmen alle Geschäfte bis auf die des täglichen Bedarfs geschlossen und die Weihnachtsferien in den Bildungseinrichtungen verlängert werden."

Der Einzelhandelsverband HDE warnte dagegen vor einem schärferen Lockdown samt Ladenschließungen. "Offene Läden und die wirkungsvolle Bekämpfung der Pandemie sind kein Widerspruch, eine erneute Schließung vieler Geschäfte ist nicht notwendig", sagte HDE-Lobbyist Stefan Genth.

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