Dax bleibt im Seitwärtstrend gefangen – Bundestagswahl, Shiller-KGV und Konjunkturlage – ein Ausblick auf die mögliche Marktentwicklung

onvista · Uhr

Der DAX tut sich weiterhin schwer. Während z. B. der S&P 500 in einem bilderbuchmäßigen Aufwärtstrend nach oben läuft und dabei regelmäßig neue Allzeithochs markiert, ist dem Deutschen Aktienindex bereits seit Juni die Luft ausgegangen. Zwar folgte im August dann doch ein neues Allzeithoch und der Index schrammte nochmals die Marke von 16.000 Punkten, aber alles in allem ist der Aufwärtstrend nun einem Seitwärtstrend auf hohem Niveau gewichen.

Dass der DAX zaudert, liegt sicherlich auch an der Bundestagswahl. Vor dem 26. September wird sich kein Anleger allzu weit aus dem Fenster lehnen wollen. Befeuert hat diese Skepsis Olaf Scholz durch seine Weigerung, eine Koalition mit der „Linken“ auszuschließen. Seitdem geistert das Schreckgespenst einer rot-grün-roten Bundesregierung durch die Handelssäle. Erst wenn sicher ist, dass es nicht zu dieser Kombination kommt, werden die Anleger aufatmen. Dann sind möglicherweise auch beim DAX neue Rekordstände drin.

Denn auch wenn sich die Konjunkturaussichten ein bisschen eingetrübt haben, führt weiterhin kein Weg an der Aktie vorbei. Aber die Stimmung wird skeptischer, was vor allem an der zunehmenden Verbreitung der Delta-Variante liegt. Laut jüngster Umfrage der Bank of America gehen per saldo nur noch 13 % der befragten Fondsmanager davon aus, dass die Weltwirtschaft in den kommenden 12 Monaten expandiert. Das entspricht der niedrigsten Nennungsrate seit April 2020. Zum Vergleich: Im März dieses Jahres hatte der Anteil noch bei 91 % gelegen. Diese Stimmungseintrübung spiegelt sich in der Positionierung der institutionellen Investoren bisher aber kaum wider. 50 % der befragten Profianleger geben an, in Aktien übergewichtet zu sein. Das liegt 21 Prozentpunkte über dem zwanzigjährigen Durchschnitt. Die Bargeldquote hat zwar um 0,1 Prozentpunkte zugenommen, liegt mit 4,3 % aber weiterhin unter dem langjährigen Durchschnitt.

Insgesamt sind die Bewertungen weiterhin akzeptabel. Kritiker weisen dennoch darauf hin, dass auf Indexbasis einige Märkte bereits außergewöhnlich hohe Bewertungen erreicht haben. So waren z. B. US-amerikanische Aktien seit über 100 Jahren nur einmal teurer als jetzt, nämlich in der Dotcom-Blase 1999 – zumindest gemessen am zyklisch adjustierten Kurs-Gewinn-Verhältnis, dem sogenannten „Shiller-KGV“. Daran gemessen sind europäische Aktien noch nicht völlig überteuert. Und es finden sich sogar noch Märkte, an denen sich das aktuelle Shiller-KGV noch nicht in schwindelerregende Höhen geschwungen hat, sondern sich auf oder sogar unter dem langjährigen Durchschnitt befindet. Dazu gehören z. B. Japan und Singapur. Deutschland liegt mit einem Shiller-KGV von 22,6 nur leicht über seinem 10-Jahresdurchschnitt. Wir nehmen das zur Kenntnis, haben aber grundsätzlich an der Aussagekraft des Shiller-KGVs einige Zweifel. So finden beispielsweise aktuell deutlich steigende Unternehmensgewinne keine Berücksichtigung. Ebenso wenig wird das weiterhin historisch niedrige Zinsniveau, das eigentlich eine Bewertungsausweitung erlaubt, berücksichtigt. Das Shiller-KGV kann also nur einer von vielen Entscheidungsparametern sein, sollte aber niemals als alleiniger Parameter herangezogen werden.

Fazit: Der deutsche Aktienmarkt wartet auf die Bundestagswahl. Erst wenn das rot-grün-rote Schreckgespenst abgewendet ist, wird der Weg zu neuen Allzeithochs frei. Bewertungsmäßig wird man wählerischer werden und sich auf Aktien konzentrieren müssen, deren KGVs noch nicht völlig aus dem Ruder gelaufen sind. Denn spätestens, wenn die Zinsen nachhaltig nach oben drehen, stehen die Aktienbewertungen verstärkt auf dem Prüfstand.

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Oliver Kantimm / Der Aktionärsbrief

Foto: Elnur / Shutterstock.com

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