Dax: Lage im Leitindex ist weiter angespannt – Konjunkturdaten liefern ein gemischtes Bild – vor EZB-Entscheid die Reißleine ziehen?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die schwache Stimmung an den US-Börsen hat den Erholungsversuch vom deutschen Leitindex in den späten Handelsstunden wieder abgewürgt. Nachdem der Dax zwischenzeitlich nur noch 0,6 Prozent im Minus lag, ging er am Ende mit einem Minus von 1,47 Prozent bei 15 610,28 Punkten aus dem Handel. Auch heute ist der Start in den Handel alles andere als berauschend. Allerdings hat nach der ersten Stunde wieder eine Erholung im deutschen Leitindex eingesetzt. Das deutsche Börsenbarometer liegt nach gut zwei Handelsstunden nur noch mit 0,26 Prozent bei 15.565 Punkten im Minus.

Gemischte Konjunkturdaten 

Die deutschen Ausfuhren haben sich im Juli besser entwickelt als erwartet. Gegenüber dem Vormonat erhöhten sich die Exporte um 0,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Zuwachs um lediglich 0,1 Prozent gerechnet. Die Einfuhren gaben hingegen deutlich um 3,8 Prozent nach. Aus- und Einfuhren liegen jeweils höher als vor der Corona-Pandemie im Februar 2020.

Chinesische Erzeugerpreise steigen weiter stark 

In China hat sich der Anstieg der Erzeugerpreise im August wegen der stark gestiegenen Kosten für Rohstoffe überraschend beschleunigt. Sie sind im August im Vergleich zum Vorjahr um 9,5 Prozent geklettert, wie das Statistikamt am Donnerstag in Peking mitteilte. Dies war der stärkste Zuwachs seit August 2008. Zudem fiel er höher aus, als die von Bloomberg befragten Experten erwartet hatten. Diese waren von einem Plus auf dem Juli-Niveau von 9,0 Prozent ausgegangen. Obwohl die Preise für die Produzenten weiter stark steigen, kommt diese Entwicklung kaum bei den Konsumenten an – im Gegenteil. Die Zunahme der Verbraucherpreise ging im August auf 0,8 (Juli: 1,0) Prozent zurück. Analysten hatten mit einem Plus von 1,0 Prozent gerechnet.

Fed sieht Abschwächung der Konjunkturdynamik

Bei den Veröffentlichung des Konjunkturberichts Beige Book wird immer genau hingeschaut. Er liefert einen Einblick wie die aktuelle Stimmung im Entscheidungs-Gremium der amerikanischen Notenbank ist. Dem Mittwoch veröffentlichten Bericht ist zu entnehmen, dass die Fed eine kleine Delle in der Wachstumsgeschwindigkeit der Konjunktur sieht. „Im Zeitraum von Anfang Juli bis August habe sich ein eher moderates Wachstumstempo eingestellt. Dabei habe die Ausbreitung der Delta-Variante des Corona-Virus eine Rolle gespielt, die insbesondere die Hotellerie und Gastronomie bei den Gästezahlen zu spüren bekam.“

Zudem machten sich demnach weiterhin Materialengpässe in der Industrie bemerkbar: So drückte der Chip-Mangel den Auto-Absatz. Materialengpässe haben in einigen Fed-Bezirken auch den Stellenaufbau gehemmt. Die Beschäftigung legte jedoch in allen Regionen zu, wenn auch in unterschiedlichem Tempo. Der Aufschwung am Arbeitsmarkt hat sich im August unerwartet deutlich abgeschwächt. Es entstanden lediglich 235.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft. Ökonomen hatten mit 728.000 gerechnet.

Arbeitsmarktbericht das Zünglein an der Tapering-Waage

Jerome Powell hat zuletzt immer wieder betont das die Entwicklung des amerikanischen Arbeitsmarktes den Ausschlag dafür geben wird, wann die Fed anfängt die Anleihenkäufe zurückzufahren. Zuletzt hatte der Fed-Chef dies noch einmal auf dem Notenbänkertreffen in Jackson Hole betont. Nach den amerikanischen Arbeitsmarktdaten der vergangenen Woche rechnen jetzt fast alle Experten damit, dass die Fed auf ihrer Sitzung im September das Tapering noch nicht einleiten wird. Zur Jahreswende dürfte es allerdings kommen.

Märkte werden vorsichtig eingestimmt

Laut John Williams, Chef der Notenbank des Bezirkes New York,  kann die US-Notenbank Fed noch dieses Jahr die Abkehr vom geldpolitischen Krisenmodus wagen. Allerdings folgt dieser Aussage die gleiche Einschränkung die Jerome Powell immer anführt. William betont, dass es für einen solchen Schritt weiterer Fortschritte auf dem Weg zum Vollbeschäftigungsziel der Notenbank bedürfe. Er werde die hereinkommenden Daten zum Arbeitsmarkt und die Folgen für den Konjunkturausblick daraufhin sorgfältig auswerten. Die US-Zentralbank kauft Monat für Monat Staatsanleihen und Hypothekenpapiere im Umfang von 120 Milliarden Dollar zur Stützung der Konjunktur. Sie will das Tempo schrittweise zurückfahren, sobald sich substanzielle Fortschritte auf dem Weg zu Vollbeschäftigung und Preisstabilität eingestellt haben.

Tapering eher zum Jahreswechsel

Die neuen Aussagen von John Williams deuten nicht an, dass die US-Notenbank bereits im September eine Rückführung der Anleihenkäufe einleiten wird. Somit haben die Märkte noch ein zwei Monate, um sich an den Beginn des Tapering zu gewöhnen. Tortzdem dürfte die Verkündung nicht mit viel Freude von den Märkten aufgenommen werden.

Was macht die EZB

Bevor die Fed am 21./22. September zusammenkommt ist heute die EZB an der Reihe. Auch hier wird von den Experten fleißig diskutiert, ob die Europäische Notenbank die Geldschleusen ein wenig schließt. Im Fokus steht das Pandemie-Programm (Pepp) der EZB. Auf der Pressekonferenz von Präsidentin Christine Lagarde geht es um mögliche Hinweise über den Fortgang des Anleihe-Kaufprogramms, das ein Volumen von 1,85 Billionen Euro hat und gemäß bisherigem Stand noch bis mindestens Ende März 2022 laufen soll.

Auslaufen nicht ausgeschlossen

Ähnlich wie in den USA hat die Inflation in der Eurozone angezogen und auch die Wirtschaft erholt sich von der Pandemie. Daher dürften Christine Lagarde und ihre Mitstreiter sehr intensiv über das Pandemie Hilfsprogramm nachdenken. Die Frage ist dabei: Lässt die EZB das PEPP-Programm ersatzlos auslaufen oder fährt sie es Schritt für Schritt zurück. Eine konkrete Entscheidung dazu wird es heute von der EZB-Chefin mit Sicherheit nicht geben. Aber die Experten werden an den Lippen von Christine Lagarde hängen und versuchen das größtmögliche zwischen den Zeile zu erkennen.

September macht seinem Namen alle Ehre

Seit der Einführung des deutschen Leitindex im Jahr 1988 ist der September der schlechteste Börsenmonat des Jahres. Im Durchschnitt fällt der Dax im September 1,7 Prozent. Mit dem heutigen Rücksetzer hat der Dax im September bislang rund 2,2 Prozent nachgegeben.

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Chart Dax im September

US-Börsen noch etwas freundlicher

Während der Dax im September schon deutlich Federn gelassen hat, ist die Lage an der Wall Street entspannter. Nachdem die US-Indizes zu Beginn des Monats ihre Rekordjagd noch fortgesetzt haben, schnaufen sie erst seit ein paar Tagen durch.

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Vergleichschart Dow, S&P 500 und Nasdaq im September

Auf einen gruseligen September folgt ein besserer Oktober!

Nicht zuletzt wegen des schwachen Septembers ist das vierte Quartal durchschnittlich der stärkste Abschnitt des Jahres. Corona hat zwar vieles kräftig durcheinander gewirbelt, trotzdem könnte der Dax auch in diesem Jahr seinem durchschnittlichen Muster  wieder folgen.

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Daher sollten Anleger auch heute die Zähne zusammenbeißen und sich die durchschnittliche Entwicklung im vierten Quartal vor Augen halten. Die Sorgen rund um die Delta-Variante sind zwar gerade größer geworden, aber nach der Rekordjagd an der Wall Street haben die US-Indizes auch eine Verschnaufpause nötig. Das der Dax auf solche Phasen an der Wall Street etwas heftiger reagiert, ist auch bekannt. Trotzdem sollten Anleger auch heute nicht die Reißleine bei ihren langfristigen Investments ziehen.

Von Markus Weingran / dpa-AFX / Reuters

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