Der Sozialismus steht vor der Tür und es gibt keinen Weg zurück

Bernd Schmid · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Ein Wort zu diesem Artikel, bevor ich beginne. Er wird auf den ersten Blick sehr unFoolish erscheinen. Ich sehe das anders. Denn wir Fools geben vor, unterschiedlichen Ansichten Raum zu geben. Und ich sehe diese Ansicht zur Zeitgeschichte als zu wenig angesprochen an - vor allem im Hinblick auf die persönliche finanzielle Freiheit, die den meisten Lesern meiner Kolumne wichtig sein dürfte.

Los geht’s:

Eine Demokratie ist immer von vorübergehender Natur; sie kann einfach nicht als dauerhafte Regierungsform existieren. Sie kann nur so lange existieren, bis die Wähler entdecken, dass sie sich aus der Staatskasse bereichern können. Von diesem Moment an stimmt die Mehrheit immer für die Kandidaten, die die meisten Vorteile aus der Staatskasse versprechen, mit dem Ergebnis, dass eine Demokratie immer an einer lockeren Finanzpolitik scheitert, auf die immer eine Diktatur folgt. - Alexander Fraser Tytler

Dieses Zitat ist bald 300 Jahre alt. Es scheint mir in der heutigen Zeit sehr relevant zu sein.

Wobei ich mich in diesem Artikel wieder in großen Teilen auf Grand Williams berufe, dessen Ausführungen zu diesem Thema wieder äußerst tiefgründig und aufschlussreich sind.

Laut Grant Williams war die Zeit, in der Alexander Fraser Tytler lebte, geprägt davon, das Kritik an der herrschenden Klasse nicht nur toleriert, sondern begrüßt wurde. Debatten wurden gefördert und konträre Ansichten wurden sowohl öffentlich als auch in privaten Foren mit großer Begeisterung diskutiert.

Auch etwas, das man von der heutigen Zeit nicht mehr unbedingt behaupten kann. Aber noch etwas mehr Kontext.

Der Tytler-Zyklus

Tytler führte nach den obigen Worten weiter aus:

Das Durchschnittsalter der größten Zivilisationen der Welt liegt bei 200 Jahren. Diese Nationen haben sich in dieser Reihenfolge entwickelt: Von der Knechtschaft zum spirituellen Glauben; vom spirituellen Glauben zu großem Mut; vom Mut zur Freiheit; von der Freiheit zum Überfluss; vom Überfluss zum Egoismus; vom Egoismus zur Apathie; von der Apathie zur Abhängigkeit; von der Abhängigkeit zurück in die Knechtschaft.

Diese Worte führten zum Konzept des Tytler-Zyklus, der die Schritte des Fortschritts einer Demokratie über deren ungefähr 200-jährigen Lebenszeit darstellt.

Screenshot, Chart oder sonstiges Schmuckbild

Wer sich mit der Historie beschäftigt, der scheint in der Tat diesen Zyklus immer wiederzufinden. Grant Williams fasst ihn in Bezug auf die Vereinigten Staaten - deren Demokratie mittlerweile 230 Jahre alt ist und sich demnach am Ende des Zyklus befindet - prägnant zusammen:

Der Verlauf ist deutlich zu erkennen, ebenso wie die Veränderungen zwischen den einzelnen Phasen, als die USA nach der Erlangung der Unabhängigkeit zusammenkamen, ihre Wirtschaft industrialisierten, einen blutigen Bürgerkrieg ausfochten, sahen, wie der neu gewonnene Wohlstand in den 1920er-Jahren in zügellose materialistische Gier umschlug, sich durch eine Depression und den Zweiten Weltkrieg kämpften, um als unangefochtener Anführer einer neuen globalen Weltordnung hervorzugehen, und sich dann langsam in eine Gesellschaft verwandelten, die von Materialismus und einer immer stärkeren Abhängigkeit von staatlicher Großzügigkeit angetrieben und gemessen wird.

Wo stehen wir in Mitteleuropa in diesem Zyklus?

Wir haben zwar eine leicht andere Historie als die USA. Allerdings scheint der Weg der USA doch relativ repräsentativ auch für alle westlichen Demokratien zu sein. Bei uns vielleicht etwas verzögert.

Ich sehe es so:

Die Generation meiner Großeltern, die im Zweiten Weltkrieg junge Erwachsene waren, war noch relativ arm, aber tiefgläubig. Die Generation meiner Eltern (die die 68er prägten) hatte bereits einen gewissen Wohlstand erreicht und war definitiv frei.

Spätestens in meiner Generation kam der Verlust des Glaubens, der Fokus auf materielle Dinge und immer mehr das Leben im Überfluss.

Wer erinnert sich noch an den „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“-Werbespot aus den 1990ern? So viel zu dem Teil „Es dreht sich alles um mein Zeugs im Tyler-Zyklus, den wir also schon eine Weile hinter uns haben.

Ich sehe auch den Verlust der Selbstverantwortung in unserer Gesellschaft. Zum Beispiel wird in der aktuellen Krise darauf geschaut, was uns vorgeschrieben wird. Eigenverantwortung, wie zum Beispiel eine gesunde Ernährung, ist praktisch kein Thema in der öffentlichen Diskussion.

Auch die Zentralisierung der Freiheit und die Kontrolle der Unabhängigkeit steht aktuell wohl außer Frage. Der Staat bestimmt zu großen Teilen, wer was unter welchen Bedingungen darf und was nicht.

Der Weg zu Zentralismus und Sozialismus ist daher nicht mehr weit. Das sieht man auch an allen Ecken und Enden, zum Beispiel am eventuell sogar mehrheitsfähigen Volksentscheid in Berlin zur „Enteignung von großen Immobiliengesellschaften, der diskutierten Enteignung von Landwirten in den Niederlanden zur Lösung der Stickstoffkrise oder der leise immer näher kommenden Zwangsabgabe zur Finanzierung der Coronakrise.

Zu dieser Einschätzung passt auch wunderbar die Prognose des Weltwirtschaftsforums „Du wirst nichts besitzen und du wirst glücklich sein. Von wem wir alles, was wir haben oder nutzen wollen, mieten werden, das lässt das WEF offen. Darüber können wir unsere eigenen Prognosen anstellen.

Was bedeutet das für uns Anleger?

Ich selbst würde mir wünschen, dass das Obige nicht zutrifft und einfach eine Fehleinschätzung meinerseits ist. Am liebsten hätte ich es, wir befänden uns irgendwo rechts unten im obigen Schaubild des Tytler-Zyklus - und würden dort für immer bleiben.

Dort sehe ich den Sweet Spot für Befürworter von Kapitalismus und Individualismus wie mich.

Aber das Leben ist ein Kreislauf. Und meine eigene Betrachtungsweise lässt mich zu dem Schluss kommen, dass dies nicht unwahrscheinlich auch auf die gesellschaftliche Ordnung zutrifft.

Daher stelle ich mich persönlich darauf ein, dass in der nahen Zukunft eher noch weniger Wert auf individuelle Freiheits- und Eigentumsrechte gelegt wird als wieder etwas mehr. Vom Staat erwarte ich daher, dass er noch größer und noch mehr kontrollieren wollen wird - und dass das von der Mehrheit auch so gewollt sein wird.

So düster sich das anhört, das sehe ich gar nicht so. Wenn man sich mental darauf einstellt, kann man sich darauf vorbereiten. Entsprechend besser wird man durch diesen Teil des Zyklus kommen können und dastehen, wenn alles wieder von Neuem beginnt.

Ich halte es daher für vorteilhaft, wenn wir uns nicht auf den Staat und dessen Versprechungen verlassen. Vor allem nicht in finanzieller Hinsicht. Stattdessen denke ich, dass wir in diesem Teil des Zyklus mehr denn je Eigenverantwortung für unsere finanzielle Situation übernehmen sollten.

Offenlegung: Bernd besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.

Foto: Khongtham / Shutterstock.com

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