Exporte mit stärkstem Einbruch seit Finanzkrise - "Scharfer Einschnitt"

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Berlin (Reuters) - Die Corona-Rezession bei wichtigen Handelspartnern wie den USA und Frankreich hat der deutschen Wirtschaft im vergangenen Jahr den schwersten Exporteinbruch seit der Finanzkrise 2009 eingebrockt.

Die Ausfuhr von Waren sank um 9,3 Prozent auf 1204,7 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Die Importe gingen ebenfalls so stark zurück wie seit 2009 nicht mehr, und zwar um 7,1 Prozent auf 1025,6 Milliarden Euro. Diese Zahlen belegten einen "scharfen Einschnitt im Außenhandel", sagte der Präsident des Branchenverbandes BGA, Anton Börner. Die Chancen stehen aber gut, dass der Export-Europameister einen Großteil des Einbruchs in diesem Jahr aufholt, auch wenn noch zahlreiche Risiken auf dem Weg zur Erholung lauern.

"In Asien läuft die Produktion bereits wieder auf Hochtouren und auch der Welthandel hat das Schlimmste überstanden", sagte der Chefvolkswirt der DZ Bank, Michael Holstein. "Für die exportabhängige deutsche Industrie macht das Hoffnung auf ein gutes Jahr 2021." Für China etwa wird in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von rund 8,5 Prozent vorausgesagt. Auch die US-Konjunktur dürfte wieder brummen - nicht zuletzt durch das erwartete billionenschwere Hilfspaket der neuen Regierung von Präsident Joe Biden. "Vom höheren US-Wachstum würden indirekt und zeitverzögert auch der Rest der Welt und natürlich auch Deutschland als Exportnation profitieren", sagte der Chefvolkswirt von Union Investment, Jörg Zeuner.

Allerdings gibt es auch jede Menge Fallstricke für die deutschen Exporteure. "Halbleiter sind derzeit knapp und führen zu Produktionsschwierigkeiten, was schließlich auch die Exporte belasten wird", erläuterte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Gleichzeitig führen knappe Container-Kapazitäten auf den Weltmeeren zu Lieferschwierigkeiten." Die hochvernetzten globalen Produktionsketten seien jedoch auf einen reibungslosen Warenfluss angewiesen. Letzterer sei derzeit allerdings gestört.

BREXIT ALS RISIKO

Auch der Brexit dürfte trotz des Ende Dezember in letzter Minute erreichten Handelsabkommens zwischen der EU und Großbritannien belasten. 60 Prozent der deutschen Unternehmen beurteilen ihre Geschäftslage im Vereinigten Königreich als schlecht, nur zehn Prozent als gut, wie aus einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hervorgeht. Die Unternehmen verweisen vor allem auf zusätzliche Zollbürokratie, Probleme in der Logistik und rechtliche Unsicherheiten. "Beim Handel mit dem Vereinigten Königreich ist für die ersten Monate 2021 noch einmal mit einem spürbaren Rückgang zu rechnen", erwartet der Wissenschaftliche Direktor des IMK-Instituts, Sebastian Dullien. Bereits 2020 waren sie um mehr als 15 Prozent eingebrochen. "Das alles können die nicht immer einfachen, aber trotzdem robusten deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen nicht auffangen", warnte BGA-Präsident Börner.

Geschuldet ist der Export-Rückgang im vergangenen Jahr vor allem den Einbrüchen zu Beginn der Pandemie im März und April, als es neben Nachfrageproblemen auch zu zeitweiligen Grenzschließungen und gestörten Lieferketten kam. Danach legten die Ausfuhren acht Monate in Folge zu - zuletzt im Dezember um 0,1 Prozent zum Vormonat. Von Reuters befragte Ökonomen hatten hier mit einem Rückgang um 1,0 Prozent gerechnet.

Obwohl die Ausfuhren in die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr um 12,5 Prozent auf 103,8 Milliarden Euro einbrachen, blieben sie der wichtigste Abnehmer von Waren "Made in Germany". Auf den Rängen zwei und drei lagen die Volksrepublik China mit 95,9 Milliarden Euro (-0,1 Prozent zum Vorjahr) und Frankreich mit 91,0 Milliarden Euro (-14,6). Die meisten Importe kamen 2020 erneut aus der Volksrepublik China. Von dort wurden Waren im Wert von 116,2 Milliarden Euro importiert, was einem Anstieg von 5,6 Prozent entspricht. Auf Rang zwei der wichtigsten Importstaaten lagen die Niederlande mit Importen von 88,4 Milliarden Euro (-9,6 Prozent), gefolgt von den USA mit 67,8 Milliarden Euro (-5,0).

onvista Premium-Artikel

Chartzeit Wochenausgabe 13.07.2025
Rekorde, Zölle, Inflation: Warum an den US-Märkten keine Langeweile aufkommt13. Juli · onvista
Rekorde, Zölle, Inflation: Warum an den US-Märkten keine Langeweile aufkommt