Spitzentreffen soll vor EU-Gipfel Brexit-Durchbruch bringen

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

London/Frankfurt/Berlin (Reuters) - In den festgefahrenen Brexit-Verhandlungen hat sich am Mittwoch das Augenmerk auf das geplante Abendessen von Premierminister Boris Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gerichtet.

Johnson zufolge sollten auch die beiden Chef-Unterhändler David Frost und Michel Barnier an den Beratungen teilnehmen. Die britische Seite schürte im Vorfeld die Hoffnung, dass das persönliche Treffen einen Fortschritt vor dem EU-Gipfel ab Donnerstag bringen könnte. Johnson wiederholte kurz vor seiner Abreise allerdings seine Forderung nach Zugeständnissen der EU. Bundeskanzlerin Angela Merkel zufolge gibt es noch Einigungschancen. Sie wolle aber kein Abkommen um jeden Preis, sagte sie im Bundestag.

Ein kurzfristiger Durchbruch sei nicht zu erwarten, sagte ein EU-Diplomat. "Das wahrscheinliche Ergebnis wird eine Erklärung sein, dass weitere Gespräche notwendig sind und eine Einigung weiter möglich ist." Gebe es bis zum Ende des kommenden Wochenendes keine Einigung, werde die EU ihre Notfallpläne für einen "No Deal"-Brexit überarbeiten. Vor allem drei Punkte waren in den Verhandlungen zuletzt besonders umstritten: Fischfangquoten, Garantien für einen fairen Wettbewerb und ein Streitschlichtungsmechanismus im Falle von Verstößen gegen das geplante Abkommen.

Ohne ein Freihandelsabkommen droht Anfang 2021 ein harter Bruch mit Verwerfungen für die Wirtschaft beiderseits des Ärmelkanals. Großbritannien war Ende Januar offiziell aus der EU ausgetreten, der das Königreich zuvor seit 1973 angehört hatte. Am 31. Dezember endet die Übergangsphase, in der Großbritannien noch EU-Regeln anwenden muss. Ohne einen Deal droht Chaos. Experten rechnen dann mit höheren Zöllen auf viele Produkte sowie langen Wartezeiten an der Grenze.

SHOWDOWN BEI EU-GIPFEL

Merkel sagte, der Brexit werde Thema beim Gipfel der 27 EU-Staats- und Regierungschefs werden. Für die EU sei wichtig, dass der Binnenmarkt gewahrt bleibe. Außerdem müsse es künftig einen fairen Wettbewerb zwischen britischen und europäischen Firmen geben. Die Streichung umstrittener Passagen im britischen Binnenmarktgesetz, mit dem Johnson Teile des von ihm selbst ausgehandelten Brexit-Vertrag ausgehebelt hätte, werteten Experten zwar als Kompromissangebot der Londoner Regierung. Allerdings sei dies keine Garantie für eine Einigung auf ein Freihandelsabkommen. Ohnehin sei bestenfalls eine Schmalspur-Lösung zu erwarten.

Kabinettsminister Michael Gove sagte in Interviews für die britische Seite, oft seien es persönliche Begegnungen, die für einen Durchbruch sorgten. Insofern kommt dem Treffen von Johnson und von der Leyen am Abend Bedeutung zu. Ein britischer Regierungsvertreter sagte der Nachrichtenagentur Reuters aber auch, dass ein Deal womöglich nicht realistisch sei. Ähnlich äußerten sich Regierungsvertreter Frankreichs. Französische Fischer wären von einer drohenden Sperrung britischer Fanggebiete für ihre Trawler besonders hart getroffen.

Insidern zufolge hat sich auch Barnier zuletzt pessimistisch geäußert. Ein harter Bruch sei mittlerweile wahrscheinlicher als eine Verständigung. Ökonomen zufolge würde der "No Deal"-Brexit beide Seiten treffen, Großbritannien aber stärker.

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