DIW senkt Prognose für Deutschland - "Auf Weg in dritte Corona-Welle"

Reuters · Uhr

Berlin (Reuters) - Das DIW-Institut senkt wegen der anhaltenden Corona-Krise seine Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft.

Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr um 3,0 Prozent zulegen, sagte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Donnerstag in Berlin voraus. Im Dezember hatte es noch mehr als fünf Prozent für realistisch gehalten. 2022 soll es dann zu einem Plus von 3,8 (bisher: 2,6) Prozent reichen. 2020 hatte es einen Einbruch von 4,9 Prozent gegeben. "Der deutschen Wirtschaft steht ein schwieriges Jahr bevor", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. "Die Corona-Pandemie nimmt vorerst kein Ende, wir sind auf direktem Weg in die dritte Welle." Die Politik habe Vertrauen verspielt, weil sie zu zögerlich handele und zuletzt deutlich von ihrem Kurs abgewichen sei.

Die Industrie profitiere zwar davon, dass Lieferketten anders als im ersten Lockdown nicht unterbrochen und deutsche Produkte im Ausland weiter gefragt seien. "Die Dienstleistungsbereiche leiden allerdings erneut stark", sagte DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. "Allen voran werden diese auch vom Stop-and-Go aus Lockerungen, aufflammendem Infektionsgeschehen und erneuten Schließungen getroffen."

In Staaten wie den USA und China seien große Konjunkturpakete beschlossen worden, die mit umfangreichen Investitionen die Wettbewerbsfähigkeit stärkten. "Dies sollte auch Deutschland forcieren: Mehr und zügig realisierbare Zukunftsinvestitionen, etwa in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz, sind gefragt, um international den Anschluss nicht zu verlieren", sagte Michelsen. Die Experten halten das für finanzierbar, auch wenn der Staat sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr erneut rote Zahlen schreiben dürfte. "Dennoch gibt es Spielräume, zumal sich die Zinsen nach wie vor im negativen Bereich bewegen, der deutsche Fiskus an der Schuldenaufnahme also sogar noch verdient", betonte das DIW. Wichtige Modernisierungsvorhaben, etwa bei Digitalisierung, Verkehrsinfrastruktur, Bildung und Klimaschutz, würden andernorts schneller vorangebracht. "Deutschland droht zurückzufallen."

Das Institut rechnet mit mehr Firmenpleiten, nachdem sich 2020 der Rückgang wegen der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht sowie der Hilfen für Betriebe fortgesetzt hatte. "Die Insolvenzen könnten dann erheblich steigen, denn in vielen Unternehmen gehen die Eigenkapitalpuffer zu Neige", hieß es dazu. Gemessen am Insolvenzgeschehen der vergangenen Jahre sei damit zu rechnen, dass bis zu 4500 Firmenpleiten "nachgeholt" würden.

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