Drei Fragen an Bernecker: Geht es noch weiter runter, sollte man jetzt auf Gold setzen und was war da wirklich am Ölmarkt los?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Natürlich fragen wir angesichts der schwarzen Börsenwoche nach der aktuellen Lage: Geht es noch weiter abwärts, sollte man jetzt in Gold einsteigen und was war da wirklich am Ölmarkt los?

onvista-Redaktion: Erst der schwarze Montag, dann der noch schwärzere Donnerstag. Die Nerven der Anleger liegen blank. Sind die Börsen all ihr Gift losgeworden, oder geht es noch weiter runter?

Meine Nerven  liegen nicht blank, sondern im Gegenteil: Eine Marktkorrektur war frühzeitig angesagt. Dass ein Virus und das Öl die zwei Komponenten darstellen, ergab einen noch nie dagewesenen Cocktail. Der Virus hätte 10 % DAX-Verlust gekostet und das Öl-Thema ebenfalls, macht zusammen 20 % als Gesamtkorrektur. Dann kam Donald Trump mit der Einreiseverweigerung für alle Europäer und das kostete weitere 10 %. So wurde aus der Stabilisierung eine V-Erholung am Freitag. Den Termin dafür hatte ich sogar mit 12., 13. März avisiert. Alles zusammen schafft die Ausgangsbasis für a) die Erwartungen des Virenverlaufs  und b) für die ökonomischen Konsequenzen. Der Ausverkauf am Donnerstag entspricht allen Vorbildern seit Oktober 1987. Die Erholungen nach allen Einschnitten dieser Art (insgesamt 7 in dieser Zeitspanne) betrugen jeweils zwischen + 50 und + 80 % in den folgenden rund 18 bis 20 Monaten. Das ist die Lage jetzt.

onvista-Redaktion: Die Lage im Moment ruft ja förmlich nach einer Portfolio-Absicherung mit Gold. Jetzt noch groß eindecken, wenn man noch nichts hat, oder noch bis nach einem möglichen Rebound der Märkte warten?

Gold ist keine Alternative. Das ist leicht am Verhalten des Goldpreises in den letzten Wochen zu erkennen. Der beschriebene Aufbau des neuen Trends, der sich hochrechnen lässt bis 2021, benötigt keine Alternativen, weil Aktien weiterhin die einzig brauchbare Assetklasse darstellen, die sich an den Märkten ergibt (Immobilien ausgenommen). Mithin ist auch eine Absicherung in alternativer Form unnötig. Richtig ist dagegen: Die Bewertungen liegen auf hohem, aber nicht zu hohem Niveau. Beispiel DAX: Das KGV per 2021 wird zurzeit mit etwa 11,5 von den Finanzanalysten angegeben. Vor zwei Wochen waren es noch über 13,2. Vorbehaltlich kleinerer Gewinnkorrekturen der Unternehmen wäre auch ein KGV von 12 eine brauchbare Grundlage für eine Hochrechnung des DAX bis in die alten Ziele von 14.500 oder mehr. Das hängt jedoch davon ab, wie sich die deutsche Wirtschaftspolitik künftig darstellt.

onvista-Redaktion: Der Trigger, der am Montag letztendlich für den ersten Crash gesorgt hat, war der ausbrechende Ölpreiskrieg der Opec-Mitglieder. Wie schätzen Sie die Lage am Ölmarkt ein?

Der Ölkonflikt enthält drei Komponenten. Zum einen die geopolitische Konfliktlage mit Schwergewicht Nahost, sodann die wirtschaftspolitische Konsequenz, weil jedes Land, insbesondere die OPEC-Länder, von einer Preisveränderung dieses Umfanges unmittelbar und unterschiedlich betroffen ist. Schließlich auch eine finanzpolitische Konsequenz, s. o.

Die Russen verhalten sich immer so wie Dostojewski dies in seinem Roman „Der Spieler“ beschrieben hat. Das gilt in der hohen Politik genauso wie in den aktuellen Fragen zum Ölpreis und den Fördermengen. Die einfache Rechnung in Moskau: 42,40 $ benötigen die Russen angeblich, um ihr laufendes Budget zu finanzieren. Preise zwischen 25 und 30 $

würden ausreichen, noch 10 Jahre weiter inklusive Reserven von 570 Mrd. $ über die Runden zu kommen. Damit liefen sie bei den Saudis gegen die Wand. Gromykow und Chruschtschow hätten es nicht anders gemacht. Wo der Kompromiss liegt, wird sich nun zeigen. In der geschwätzigen Szene der OPEC-Kreise in Wien tippt man auf einen mittleren Preis um rd. 40 bis 45 $ und eine angepasste Fördermenge. Russisch gepokert, aber nur zeitlich wirksam!

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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