Drei Fragen an Bernecker: Wie sollten Anleger auf die Corona-Krise reagieren? – Depot leerräumen oder Schnäppchejagd eröffnen?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

An den internationalen Finanzmärkten herrscht gerade die pure Panik. Die Dax-Familie und die Indizes an der Wall Street fallen wie Steine. Das Coronavirus hat die Börsen fest in seinem Griff und die Anleger scheinen einfach nur noch fliehen zu wollen. Ist das der richtige Weg? Wir haben Hans A. Bernecker gerfragt, wie er die Lage einschätzt:

Herr Bernecker, das Coronavirus treibt den Dax in den Keller. Wie sollten Anleger damit umgehen? Das Depot leerräumen?

Die Konsolidierung der Märkte war überfällig. Das war in den letzten Wochen unverkennbar. Ausgelöst wurde sie mit dem Coronavirus als Blitz. Mit einer solchen Korrektur im Schnellverfahren – in den ersten zweieinhalb Tagen rd. 10 % im DAX – ist der größere Teil der Konsolidierung erkennbar. Ein solcher Schnitt funktioniert wie ein Messer, nicht wie ein Dolch, nämlich kurz und schnell, dem anschließend eine längere Bodenfindung folgt, die mehrere Wochen benötigt. Sie hängt davon ab, wie der Nachrichtenstand im fraglichen Thema Coronavirus aussieht.

Der Umfang der Konsolidierung war ebenfalls frühzeitig erkennbar: Zwischen 11.800 und 12.200 im DAX als Richtmaß. Auf 100 Punkte lässt sich dies nicht festlegen.

Wie weit kann es Ihrer Meinung jetzt im Dax abwärts gehen?

Diese Korrektur steht unter zwei Gesichtspunkten: Zum einen der Gefühle aller Menschen rund um das Thema Coronavirus nebst umfangreichen Ängsten fast rund um die Welt. Zum zweiten der Korrektur der amerikanischen Techszene, deren Bewertung überzogen war. Darin liegt die Wirkungskraft der New Yorker Börse, die stets für Frankfurt ein zusätzlicher Aufhänger ist. Der Abbau der Ängste hängt davon ab, wie die Pharmazeutik und Medizin das Thema auffangen. Die Chinesen erwarten die Spitze im April und der deutsche Gesundheitsminister eine grundsätzliche Epidemie. Also ist in den nächsten zwei bis vier Monaten eine Art Aufarbeitung und objektive Einschätzung aller Risiken machbar. Darin liegt kein Risiko mehr, sondern der Zeitrahmen der Geduld. Das rechtfertigt keine Verkäufe mehr.

Selbst wenn die Epidemie eingedämmt ist, wie lange werden sich die Folgen am Aktienmarkt bzw. bei den Konzernen bemerkbar machen? 

Jeder scharfen und teilweise begründeten Konsolidierung folgt der nächste Anstieg. Er orientiert sich daran, wie zunächst das Wachstum weltweit durch die Epidemie gebremst wird und wie sich die Erholung aufbauen kann. Es gibt sicherlich Arbeitsgebiete, die stärker betroffen sind und andere deutlich weniger. Hier sind die Prognosen der Unternehmen gefragt, die alleine abschätzen können, ob und wie sie in ihren jeweiligen Geschäften betroffen sind. Allgemeine Aussagen sind ohne Wert. Sie schüren Ängste, ohne konkrete Fakten zu nennen. Daraus entsteht das Idealbild für die nächste Investitionsphase mit dem Blickwinkel bis 2021.

Ab welchem Bereich sollten Anleger auf Schnäppchenjagd gehen?

Für die Schnäppchenjagd ist es noch etwas zu früh. Aus dem eben Gesagten resultieren unterschiedliche Risikoprofile für die Unternehmen und umgekehrt Potenzialperspektiven für die kommenden 12 - 18 Monate. Der Automarkt liefert dafür die ersten Ansätze, wie dies funktionieren könnte. Wenn der chinesische PKW-Absatz um 92 % eingebrochen ist, ist das ein Problem der Epidemie. Wie die Chinesen sich insgesamt verhalten, ist völlig unklar. In Europa belaufen sich diese Minuszahlen deutlich bescheidener, aber zu umgehen sind sie ebenfalls nicht. Ähnliches gilt für die Chemie und für alle Techs, wenn z. B. Microsoft und Apple ihre Jahresziele reduzieren, aber dabei wenig konkret sind. Sie selbst werden erst in zwei, drei Monaten erkennen können, wie die Planungen anzupassen sind. Das ist schlicht abzuwarten.

Vielen Dank Herr Bernecker

www. bernecker.info

 

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