EZB-Aussagen entfachen die Anlegersorgen neu – Dax taucht wieder unter 11.000 Punkte ab
Die Eurozone steht nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) wegen der Corona-Krise vor einem massiven wirtschaftlichen Einbruch. Prognosen der Notenbank gingen in diesem Jahr von einer Schrumpfung der Wirtschaftsleistung um 5 bis 12 Prozent aus, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag nach der Zinssitzung der EZB in Frankfurt. Sie unterstrich jedoch die hohe Unsicherheit derartiger Vorhersagen, weil auch die Dauer der Coronavirus-Krise ungewiss sei.
Wirtschaft droht um bis zu 15 Prozent zu schrumpfen
Lagarde sprach von einem beispiellosen Wirtschaftseinbruch in Friedenszeiten mit einer tiefgreifenden Verschlechterung am Arbeitsmarkt. „Die Euro-Zone ist mit einem Schrumpfen der Wirtschaft in einem Umfang und in einer Geschwindigkeit konfrontiert, die in Friedenszeiten bislang beispiellos ist“, so die EZB-Chefin wörtlich. Auch die konjunkturelle Erholung, die sich an die Krise anschließe, sei mit hoher Unsicherheit verbunden. Wenige Stunden zuvor war bekannt geworden, dass die Eurozone wegen der Corona-Pandemie im ersten Quartal mit Rekordgeschwindigkeit geschrumpft ist. Fachleute gehen für das zweite Quartal von einem noch schärferen Einbruch aus. Laut Lagarde könnte die Wirtschaft im zweiten Quartal um 15 Prozent zum Vorquartal schrumpfen.
Neue Hilfen für Banken
Vor den Äußerungen Lagardes hatte die EZB nach ihrer Zinssitzung mitgeteilt, dass sie den Bankensektor mit einem neuen Kreditprogramm sowie einer Vergünstigung bestehender Kreditprogramme noch mehr unter die Arme greifen will. Im Kern werden die Refinanzierungskosten der Banken weiter gesenkt. Unter bestimmten Bedingungen erhalten die Banken sogar eine Art Prämie für eine hohe Kreditvergabe, weil die Refinanzierungskosten dann unterhalb des negativen Einlagensatzes der EZB liegen.
Bereits vor den neuen Beschlüssen hatte die EZB ihre Geldpolitik wegen der Virus-Krise massiv gelockert. Unter anderem hatte sie neue Wertpapierkäufe über 750 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, die Banken mit Zentralbankgeld geflutet und ihre Anforderungen an Sicherheiten für Zentralbankgeld stark gelockert.
Sorgen kehren an die Börse zurück
An den Aktienmärkten kamen die mahnenden Worte nicht gut an. Der Dax notierte zuletzt 1,7 Prozent niedriger bei 10900 Punkten, nachdem er am Morgen mit 11 35 Punkten noch den höchsten Stand seit Mitte März erklommen hatte und am Vortag um fast 3 Prozent gestiegen war.
Für die verkürzte Börsenwoche deutet sich damit ein satter Gewinn von knapp 6 Prozent an. Für den Monat April lautet die äußerst positive Dax-Bilanz plus 11 Prozent. Allerdings war das Börsenbarometer im Zuge der Corona-Krise davor um bis zu 40 Prozent eingeknickt.
Aus Sicht von Alexander Krüger, Chefvolkswirt beim Bankhaus Lampe, scheinen wegen der großen Konjunkturrisiken neue Maßnahmen nicht weit weg zu sein. „Die EZB wird an ihrem ultra-expansiven Kurs auch dann festhalten, sollte die Inflationsrate irgendwann urplötzlich über ihr Preisziel steigen.“ Uwe Burkert, Chefvolkswirt der LBBW, sieht vor allem die neuen Lquiditätsspritzen positiv. „Die EZB hat noch eine volle Breitseite Liquidität auf die Märkte abgefeuert“, sagte er. „Was wir jetzt haben, kommt einer weiteren Zinssenkung gleich.“
onvista/dpa-AFX/reuters
Titelfoto: H-AB/Shutterstock.com
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