Habanero oder Peperoni – wie riskant lege ich an?

Christine Laudenbach · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Wie viel Risiko möchte ich in meinem Portfolio haben - bin ich eher konservativ, chancenorientiert oder gar spekulativ bei der Finanzanlage? Wenn ich in einem thailändischen Restaurant gefragt werde, wie scharf ich mein Essen auf einer Skala von 1-7 haben möchte, erwarte ich, dass sich bei einer 2 eher eine Peperoni (Capsaicin-Gehalt von ca. 50mg pro kg) als eine Habanero (Capsaicin-Gehalt von ca. 15.000 mg pro kg) in meinem Curry befindet. Doch was ist das geeignete Capsaicin meines Portfolios, also das Risikomaß der Finanzanlage? Die Auswahl ist groß. Von Volatilität über die Verlustwahrscheinlichkeit, den vergangenen, minimalen bzw. maximalen Ertrag bis hin zum Value at Risk gibt es diverse Risikomaße, an denen man sich orientieren könnte.

Nach einer Direktive der Europäischen Union werden Finanzprodukte in sieben Risikoklassen eingeteilt. Die Risikoklasse ist in den wesentlichen Anlegerinformationen, auch unter dem englischen Begriff „Key Information Document“ (KID) bekannt, festgehalten. Sie hat zum Ziel, verschiedene Fondsprodukte vergleichbar zu machen. Die Einteilung in eine Risikoklasse erfolgt auf Basis der Volatilität der vergangenen fünf Jahre, einem Maß für die Schwankung der Renditen. Ein Aktienfonds mit einer historischen Volatilität von 20%, vergleichbar mit dem Deutschen Aktienindex, würde beispielsweise in die Risikoklasse 6 eingeteilt werden. Hilft diese Information einem Anleger bei der Wahl der besten Investitionsalternative? Die Volatilität ist ein weit verbreitetes Maß in der Praxis, um Risiken an Anleger zu kommunizieren. Zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen allerdings, dass Anleger die Volatilität bei ihren Entscheidungen unterschätzen oder sogar ignorieren. An der Universität Mannheim haben wir dazu eine Studie durchgeführt. In dieser ließen wir zwei Gruppen jeweils einen vorgegebenen Betrag zwischen einer riskanten und einer risikofreien Anlage aufteilen. In der ersten Gruppe war das Risiko der riskanten Anlage allerdings nur halb so groß (die Hälfte der Volatilität) wie in der zweiten Gruppe. Würden Anleger sich konsistent entscheiden, d.h. eine feste Volatilität für ihr Portfolio anstreben, müssten sie im ersten Fall doppelt so viel in die riskante Anlage investieren wie im zweiten Fall um ein vergleichbares Portfoliorisiko zu erhalten. Das Ergebnis zeigte aber, dass die Anleger in beiden Fällen einen sehr ähnlichen Betrag in die riskante Alternative anlegen. Übertragen auf das Chili-Beispiel haben die Anleger folglich jeweils die gleiche Menge an Habanero und Peperoni gewählt, obwohl der Capsacingehalt, also der Risikograd, deutlich unterschiedlich ist.

Ein Grund für dieses Verhalten sind Entscheidungshilfen, auch Heuristiken genannt, die dem Menschen das Leben erleichtern. Wir müssen täglich sehr viele Entscheidungen treffen, deshalb benutzen wir Daumenregeln: „ich investiere 40% meines Geldes in riskante Anlagen“. Darüber hinaus spielen für Anleger andere Maße, wie beispielsweise die Verlustwahrscheinlichkeit einer Anlage eine größere Rolle und beeinflussen die Entscheidung deutlich stärker als Maße wie die Volatilität.

In einer zweiten Studie haben wir allerdings gezeigt, dass es eine Möglichkeit gibt, Anlegern zu konsistenteren Entscheidungen zu verhelfen. Dazu zeigten wir ihnen das Risiko ihres Gesamtportfolios mit Hilfe einer Simulation, ohne von Beginn an über die genaue Aufteilung zwischen der riskanten und der risikofreien Anlage zu sprechen.

Ein Beispiel für eine solche Simulation finden Sie auf folgender Website unter simulator.behavioral-finance.de Hinzufügen. Dort erfahren Sie am Ende auch die Risikoklasse (nach KID), die Ihrer in der Simulation gewählten Portfolioallokation entsprechen würde.

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