Ist Joe Bidens „Konjunktur-Bazooka“ möglicherweise sogar zu brachial?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die US-Wirtschaft macht nicht unbedingt den schlechtesten Eindruck. Die Unternehmensgewinne lagen im vierten Quartal in 88 % der Fälle über den Erwartungen. 78 % schlugen die Umsatzschätzungen. Ebenso lagen fast sämtliche Konjunkturdaten aus den USA wie die Erstanträge auf Arbeitslosigkeit oder die Einkaufmanagerindizes über den Erwartungen. Solche Zahlen werden von der Angebotsseite untermauert. Die Rohstoffpreise steigen auf breiter Front. In immer mehr Teilen der Wirtschaft kommt es zur Angebotsknappheit. Der Chip-Sektor steht dafür Pate und ein Autohersteller nach dem anderen warnt davor, die Nachfrage nicht bedienen zu können. Die Frachtpreise gehen durch die Decke und haben sich seit November teilweise vervierfacht.

Die Amerikaner kommen beim Impfen schnell voran. In den USA sind bereits 34 Mio. Impfungen durchgeführt worden. 26 Mio. Amerikaner haben die Erkrankung bereits durchgemacht. Somit sind über 60 Mio. Amerikaner zumindest theoretisch geschützt und es ist davon auszugehen, dass die USA unter den Industrieländern diejenigen sind, welche die Pandemie am schnellsten hinter sich lassen.

Darauf trifft nun Bidens Konjunktur-Bazooka. Zusammen mit den bislang bewilligten Konjunkturhilfen der Trump-Amtszeit würde Bidens 1,9-Billionen-Paket die staatliche Anschubhilfe auf rund 25 % des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts bringen. Deutschland kommt ohne Staatsgarantien auf etwa 10 %. Moody’s rechnet es vor und schätzt, dass der sog. „Output Gap“, also die Lücke zwischen der tatsächlichen und der potenziell möglichen Wirtschaftsleistung, in den USA im Moment zwischen 4 und 5 % liegt. Bidens Vorschlag hat ein Volumen, das jedoch doppelt so groß ist. Nur eine sofortige hohe Stimulanz mit viel Geld schafft Vollbeschäftigung in einem Jahr. Eine solche Aussage eines Finanzministers gab es noch nie. Selbst Keynes würde wohl den Kopf schütteln. Folge:

Die Inflation nimmt Fahrt auf. Das signalisierte jetzt der Preisindex als Komponente des ISM Manufacturing Index mit einem Anstieg von 77,6 auf 82,10 Punkte. Das spiegelt sich auch in den steigenden Inflationserwartungen wider (s. Chart oben). Die 10-jährige US-Staatsanleihe erreichte im Wochenverlauf mit einer Rendite von über 1,18 % ein neues Jahreshoch und hat sich seit Sommer 2020 mehr als verdoppelt.

Die Schlussfolgerung: Zu viel Medizin verursacht Nebenwirkungen. Notenbanken als auch Staaten müssen darauf achten, nicht zu überziehen. Eine überhitzte Wirtschaft als Ergebnis der kommenden Maßnahmen in Kombination mit diversen Marktexzessen birgt immer Gefahren. Das muss im Auge behalten werden. Anleger können die Rally weiter mitfahren, das  aber nur mit einem entsprechendem Cashpolster, um für den Fall eines Falles handelsfähig zu sein.

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Oliver Kantimm / Der Aktionärsbrief

Foto: Pix_Arena / Shutterstock.com

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