Keine Angst vor dem Tapering

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Alle schauen derzeit auf die amerikanische Notenbank. Wann immer der Präsident Jerome Powell eine Rede hält wie heute beim Notenbanker-Treffen im „virtuellen Jackson Hole“ oder sonst wo, alle spekulieren, wann denn das „Tapering“ beginnt. Damit ist eine Verringerung der Anleihekäufe durch die US-Notenbank Federal Reserve (FED) in einem Volumen von derzeit monatlich 120 Milliarden US-Dollar gemeint. Die Märkte fürchten sich vor dieser Maßnahme, weil es 2013 zu erheblichen Verwerfungen nicht nur an den Anleihe- sondern auch an den Aktien- und sogar Rohstoffmärkten kam. Damals hatte der zu diesem Zeitpunkt amtierende FED-Chef Ben Bernanke das Tapering des damaligen Anleiheaufkaufprogramms angekündigt.

Was an der Börse jeder erwartet, löst keine Schockwellen aus

Wann immer Jerome Powell das Tapering ankündigen wird, es dürfte kaum zu irgendwelchen Verwerfungen führen. Die Kursbewegungen dürften sehr kurzfristig und überschaubar ausfallen. Denn 2013 kam diese Ankündigung überraschend und die Märkte waren insgesamt ziemlich aufgeblasen. Diesmal wird das Thema bereits seit Wochen diskutiert und erwartet, denn die US- Wirtschaft zeigte in den vergangenen Wochen ja sehr starke Kennzahlen. Wie üblich haben sich die Marktteilnehmer dementsprechend positioniert, was sich an der wenig euphorischen Stimmung ablesen lässt. Da wir zuletzt Rekorde markiert haben, ist dies eigentlich ungewöhnlich und lässt sich vor allem mit der Angst vor dem Tapering erklären. Es dürfte also wieder das Phänomen des „Fait Accompli“ zu Tage treten, wie es die Franzosen nennen, demgemäß die vollendete Tatsache ohne Bedeutung für die Börse ist, vor allem dann, wenn sie erwartet wurde.

Tapering ist nicht Tightening

Verstanden werden muss, dass Tapering nicht Tightening bedeutet und damit längst noch keine restriktive Geldpolitik. Denn beim Tapering werden die monatliche Wertpapierkäufe nur reduziert, die Märkte aber weiter mit Geld geflutet, wenn auch in geringerem Tempo. Quantitativ Tightening allerdings bedeutet echte Liquiditätsverknappung. Das erlebten wir 2018 seitens der FED und das führte uns dann in diesem konjunkturell bestens laufenden Jahr trotzdem in das schlechteste Börsenjahr seit langer Zeit. Vor einer solchen Wende in der Geldpolitik sind wir aber so weit entfernt wie nur sonst was. Die FED hat immer wieder betont, dass die Beschäftigung auf dem Niveau vor der Pandemie ankommen muss, bevor an eine geldpolitische Wende zu denken ist. Hiervon sind wir weit entfernt. Daher gilt in nächster Zeit, die Konjunkturdaten aus den USA genau zu beobachten. Vor allem verhaltene Beschäftigungsdaten sind gute Nachrichten für Aktien.

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