Kutzers Zwischenruf: Reich werden im Reich der Mitte

Hermann Kutzer · Uhr

Um die Chancen einzelner Märkte beurteilen zu können, neigen Anleger dazu, die politischen Rahmenbedingungen auszublenden. Verständlicherweise. Aber beim Blick auf China geht das nicht. Meine seit langem sehr zuversichtliche Beurteilung chinesischer Aktien schließt übergeordnet die Macht des größten und global wichtigsten Schwellenlands ein (Anmerkung: Kann man China überhaupt noch als „Emerging Market“ bezeichnen?).

Immer mehr internationale Anlagestrategen befassen sich immer intensiver mit dem Reich der Mitte und seiner Entwicklung auf verschiedenen Ebenen. Als Ergebnis kommen fast ausschließlich Kaufempfehlungen für Aktien und relativ hoch verzinste Anleihen (einschließlich entsprechender Investmentfonds) heraus.

Nachvollziehbar ist die Interessante These von NN Investment Partners „Konkurrenzkampf zwischen China und USA bringt neue Investmentchancen in Schwellenländern“. Im Einzelnen heißt es, Schwellenländer werden in jeder Einflusssphäre durch die Wachstumspolitik wachsen. Schwellenländer profitieren von der Fülle der politischen Maßnahmen. Chinas wirtschaftliche und politische Macht ist so stark gewachsen, dass es die globale Vormachtstellung der USA in Frage stellt. Dies führt zu einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern und zu einer sich verschärfenden Rivalität. Dadurch steigt das Konfliktpotenzial. Könnte diese Entwicklung hin zu einem neuen Machtgefüge den Schwellenländern aber auch potenzielle Vorteile bringen, die Investoren nutzen können? Die Anlagestrategen sind der Ansicht, dass die Schwellenländer von den positiven Spillover-Effekten profitieren werden, sobald die USA und China ihre eigenen Volkswirtschaften ankurbeln, um der jeweils anderen den Rang abzulaufen.

Allianz Global Investors hat als Ergebnis einer Asienkonferenz eine China-Analyse veröffentlicht, die Anleger ebenfalls ermutigen kann, denn: Der längerfristige Ausblick für chinesische Aktien ist weiter positiv. 2021 war für die chinesischen Aktienmärkte bislang ein von Volatilität geprägtes Jahr. In den ersten Wochen setzte sich die starke Dynamik aus 2020 fort, nach dem chinesischen Neujahrsfest gab es jedoch eine kurze, wenngleich extreme Periode von Gewinnmitnahmen. Den langfristig positiven Ausblick für chinesische Aktien ändert dies allerdings nicht. Die internationalen Zuflüsse an den Börsen halten an und viele Investoren weltweit sind bestrebt, mit der zunehmenden Außenöffnung der chinesischen Kapitalmärkte ihr Engagement in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu erhöhen. Zudem bleibt der Aktienmarkt des Landes insofern attraktiv, als dass er infolge einer geringen Korrelation mit anderen Anlageklassen gute Diversifizierungseigenschaften aufweist.

Aufgrund des weiterhin günstigen fundamentalen Umfelds sieht AllianzGI Marktrücksetzer als Chance für den Auf- und Ausbau längerfristiger Positionen. Investoren müssen dabei jedoch sehr selektiv vorgehen. Darüber hinaus sollten Anleger über chinesische Aktien hinaus den Blick zunehmend auch auf andere Anlageklassen richten: Onshore RMB Bonds - d.h. auf dem Festland gehandelte und in Yuan denominierte Anleihen - bieten ebenfalls ein großes Diversifizierungspotenzial und Renditeaufschläge zu Industrieländer-Anleihen.

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