Lage an polnisch-belarussischer Grenze spitzt sich zu

Reuters · Uhr

Warschau/Berlin (Reuters) - Die Lage an der Grenze zwischen Belarus und Polen spitzt sich zu.

"Es war keine ruhige Nacht. In der Tat gab es viele Versuche, die polnische Grenze zu durchbrechen", sagte Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak am Mittwoch dem Sender PR1. "Soweit ich gehört habe, wurden alle, die durchgedrungen sind, gestoppt." 15.000 Soldaten befänden sich an der Grenze. Der geschäftsführende Bundesaußenminister Heiko Maas warf dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko ein "perfides und menschenverachtendes Verhalten" vor. Dagegen werde die Europäische Union weiterhin entschieden vorgehen.

Auf der belarussischen Seite der Grenze sitzen zahlreiche Migranten fest. Polen und andere EU-Staaten werfen der Führung in Minsk um Lukaschenko vor, gezielt illegale Grenzübertritte zu orchestrieren als Vergeltung für Sanktionen, die gegen Belarus verhängt wurden. Dazu lasse Lukaschenko Flüchtlinge etwa aus Syrien und dem Irak nach Minsk einfliegen, um sie dann an die polnische Grenze und damit in die EU zu schleusen. Die meisten Migranten schlagen sich dann weiter zur deutschen Grenze durch. Bundesinnenminister Horst Seehofer hat angesichts steigender Flüchtlingszahlen bereits Alarm geschlagen und ein koordiniertes Vorgehen der EU-Staaten angemahnt.

Maas erklärte, Lukaschenko "dreht weiter an einer gefährlichen Eskalationsspirale". Die EU sei aber nicht erpressbar und werde sich auf vier Punkte fokussieren: die Versorgung der Menschen an der Grenze, die Unterbindung illegaler Schleusung, die Ausweitung und Verschärfung der Sanktionen gegen das Regime in Minsk sowie die Aufklärungsarbeit in den Herkunftsländern der Migranten. Laut Bundesinnenministerium haben Irak und auch Jordanien bereits zugesagt, Flüge nach Belarus zu unterbinden. "Wir müssen auch hier schonungslos die Folgen aufzeigen, die Lukaschenkos Handeln für jeden Einzelnen hat", erklärte Maas.

"DAS VÖLLIG FALSCHE SIGNAL"

Polnische Behörden halten belarussischen Sicherheitskräften vor, die Lage an der Grenze gezielt destabilisieren zu wollen. So seien Schüsse in die Luft gefeuert und Migranten mit Werkzeugen ausgestattet worden, um den Grenzzaun niederzureißen. Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki besuchte am Dienstag das Krisengebiet, um Unterstützung für Tausende zusätzliche Soldaten, Grenzschutzkräfte und Polizei zu demonstrieren, die dorthin beordert worden waren. Nach Angaben von Staatspräsident Andrzej Duda befinden sich in einem grenznahen Camp auf belarussischem Staatsgebiet etwa 1000 Migranten, vor allem junge Männer. Der EU-Kommission zufolge halten sich insgesamt etwa 2000 Migranten an der belarussischen Grenze zu Polen auf.

Österreich forderte die EU-Kommission auf, die Regierung in Warschau beim Grenzschutz stärker zu unterstützen. Dafür müssten "die nötigen Mittel für die Errichtung eines robusten Grenzzaunes" bereitgestellt werden, sagte Innenminister Karl Nehammer der "Welt". Hilfe bei der Registrierung von Migranten anzubieten, sei "das völlig falsche Signal". Lukaschenko glaube, die EU erpressen zu können. Das dürfe sich Europa nicht gefallen lassen. "Österreich wird Polen jedenfalls solidarisch zur Seite stehen. So wie wir die EU-Außengrenze in Griechenland und Litauen gesichert haben, bieten wir auch Polen unsere Unterstützung an."

Polnischen Schätzungen zufolge halten sich derzeit insgesamt bis zu 12.000 Migranten in Belarus auf. Die EU zog bereits erste Konsequenzen. Die Regierungen der Mitgliedstaaten setzten ein Abkommen mit Belarus zur Erleichterung der Visavergabe teilweise aus. Davon betroffen sind belarussische Behördenvertreter, nicht jedoch gewöhnliche Bürger. Die EU-Kommission erklärte, zusätzliche Sanktionen gegen das Land würden vorbereitet. Außerdem prüft sie nach eigenen Angaben, ob es verstärkt Flüge etwa aus afrikanischen Ländern, Russland, Indien und dem Iran nach Belarus gibt und wer mit den Maschinen befördert wird.

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