Lukaschenko wirft Opposition Umsturzversuch vor
Kiew/Berlin (Reuters) - Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat zum Jahrestag seiner umstrittenen Wiederwahl erneut jegliche Manipulationsvorwürfe zurückgewiesen.
Er habe die Abstimmung fair gewonnen und sein Land vor einem gewaltsamen Aufstand bewahr, sagte Lukaschenko am Montag in einer Pressekonferenz. Der Opposition warf der seit 1994 autoritär regierende Präsident vor, mit den Massenprotesten nach der Wahl zu einem Staatsstreich aufgerufen zu haben. Die Behörden waren hart gegen Demonstranten vorgegangen. Die Europäische Union (EU) hat deswegen Sanktionen verhängt. Nach Angaben der Opposition befinden sich mehr als 600 politische Gefangene in Haft. Die Proteste sind inzwischen abgeflaut.
Lukaschenko erklärte, er lade die westlichen Staaten an den Verhandlungstisch - anstatt den Sanktionskrieg zu eskalieren. Zu neuen Sanktionen Großbritanniens sagte er, London könne daran "ersticken". Zudem signalisierte er, unter Umständen einige Dutzend inhaftierte politische Rivalen freizulassen. Eine Sonderkommission solle sich so schnell wie möglich einzelne Fälle dazu anschauen. Lukaschenko wies Vorwürfe von Kritikern zurück und betonte, er sei kein Diktator.
US-Präsident Joe Biden plant neue Sanktionen gegen Belarus. Dazu wolle er eine entsprechende Verordnung unterzeichnen, sagte ein Präsidialamtsvertreter, der mit der Sache vertraut ist. Dazu gehörten die bislang weitreichendsten Strafmaßnahmen des US-Finanzministeriums gegen belarussische Personen und Organisationen, unter anderem das belarussische Olympische Komitee.
Die Bundesregierung bekräftigte die Forderung nach einem sofortigen Ende der Repressionen, der Aufnahme eines offenen Dialogs und nach freien und fairen Wahlen. "Seit der Präsidentschaftswahl am 9. August 2020, die weder frei noch fair war, leidet die Bevölkerung von Belarus mehr als zuvor unter dem Lukaschenko-Regime", sagte eine Regierungssprecherin in Berlin. "Massive Repressionen, Inhaftierungen, Entführungen, Folter und Angst sind an der Tagesordnung", betonte sie. "Dies sind die Instrumente, mit denen sich das Lukaschenko-Regime an der Macht hält." Deutschland und die Europäische Union stünden deshalb an der Seite der Menschen in Belarus, die für die Achtung demokratischer und menschenrechtlicher Grundwerte kämpfen, erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas. "Wir werden nicht zulassen, dass sie mundtot gemacht werden."
SPRINTERIN TIMANOWSKAJA VERSTEIGERT MEDAILLE VON 2019
Derweil lässt die belarussische Sprinterin Kristina Timanowskaja nach ihrem erzwungenen Olympia-Aus eine von ihr 2019 gewonnene Silbermedaille versteigern. Das Geld soll Sportlern zukommen, die bei den Behörden in Ungnade gefallen sind. Die bei den Europaspielen in Minsk verliehene Medaille im Teamstaffellauf werde auf Timanowskajas Wunsch hin versteigert, um belarussische Athleten zu unterstützen, die "unter den Handlungen des Lukaschenko-Regimes gelitten haben", teilte die Belarussische Sport-Solidaritätsstiftung mit. Am frühen Nachmittag stand das Gebot https://www.ebay.de/itm/265259476698?hash=item3dc2b266da:g:cXUAAOSwSsxhED5p in der auf Ebay bis zum 18. August angesetzten Auktion bei 20.100 Dollar.
Die Sprinterin war in Tokio nach eigenen Angaben in Streit mit ihrer Delegation geraten. Sie habe sich über ihre Trainer beschwert und sollte daraufhin gegen ihren Willen in ihre Heimat zurückgeschickt zu werden. Timanowskaja suchte Schutz in der polnischen Botschaft in Tokio. Schließlich flog sie über Wien nach Warschau, wo sie und ihr Ehemann aus humanitären Gründen Visa erhielten. Zum Fall Timanowskaja sagte Lukaschenko, die Athletin sei dazu manipuliert worden, während der Olympischen Spiele nach Polen zu fliehen.