Umfragen - Deutschland zu langsam bei Digitalisierung im Gesundheitswesen
Berlin (Reuters) - Vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie wünschen sich die meisten Deutschen eine zügigere Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Das geht aus zwei jeweils repräsentativen Umfragen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom hervor, die am Mittwoch in Berlin veröffentlicht wurden. 75 Prozent der Befragten geben demnach an, mit digitalen Technologien ließen sich Krisen wie Corona besser bewältigen. 2020 hatten dieser Aussage erst 53 Prozent zugestimmt. 71 Prozent fordern mehr Tempo beim Ausbau digitaler Angebote in der Medizin, nachdem es 2020 noch 65 Prozent waren. 70 Prozent sind der Meinung, Deutschland ist hier im Vergleich zu anderen Staaten zu langsam.
"Die Probleme der Gesundheitsämter beim Durchbrechen von Infektionsketten, die verbreiteten Schwierigkeiten bei der Organisation von Impfterminen oder das Hickhack um die Corona-Warn-App haben bei vielen Menschen zu Ernüchterung und Frustration geführt", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Die Potenziale müssten daher besser ausgenutzt werden.
Auf großes Interesse stößt in der Pandemie der digitale Impfnachweis. 42 Prozent der Smartphone-Nutzer haben ihn mit Stand Juli bereits gespeichert. Weitere 41 Prozent wollen ihn sich noch besorgen. Nur zwölf Prozent geben an, gar kein Interesse daran zu haben. Viele Bürger gehen bei der Nutzung über die rechtlichen Vorgaben hinaus. 87 Prozent geben an, damit private Treffen mit Freunden und der Familie abzusichern.
Seit Juli gibt es erste Pilotversuche mit elektronischen Rezepten, ab 2022 haben dann alle Versicherten einen Anspruch darauf. E-Rezepte können per QR-Code in Apotheken eingelöst werden. 59 Prozent der Befragten geben an, das Angebot nutzen zu wollen, 39 Prozent planen dies nicht. "Wichtig ist jetzt, dass die Arztpraxen, Apotheken und Krankenkassen die notwendige Technik zügig implementieren", so Rohleder. Seit Jahresbeginn bieten zudem die gesetzlichen Krankenkassen elektronische Patientenakten an. 66 Prozent wollen dies künftig nutzen, 21 Prozent können sich das nicht vorstellen. Als Vorteil gilt vor allem, dass andere Ärzte Befunde einsehen können und so Doppeluntersuchungen vermieden werden.
Der Bitkom forderte zudem, Video-Sprechstunden, die in der Corona-Krise deutlich an Bedeutung gewonnen haben, mit Vor-Ort-Terminen beim Arzt gleichzustellen. So könnten Wartezeiten und lange Fahrtwege vor allem auf dem Land vermieden werden. Rohleder bemängelte, dass Ärzte nur 30 Prozent ihrer Sprechstunden als Online-Format abrechnen könnten. "Diese Deckelung passt nicht in eine Zeit, in der sich Menschen durch Kontaktbeschränkungen vor Ansteckungen schützen müssen und die medizinische Infrastruktur in ländlichen Regionen immer schwächer wird."