VW: „Verlässliche Prognose derzeit nahezu unmöglich“ ++ Moderna: Testphase für Corona-Impfstoff gestartet ++ Vapiano: „Beabsichtigen Staatshilfen zu beantragen“ ++ Dax: Gegenreaktion zu Handelsstart
Der deutsche Aktienmarkt setzt am Dienstag zu einer Stabilisierung an. Der Dax steigt im frühen Handel um 4,5 Prozent auf 9.132,61 Punkte. Allerdings ist das noch kein Grund zum Jubeln. In den vergangenen Wochen waren Erholungsversuche allerdings zumeist rasch in sich zusammengefallen. Am Montag hatte der Leitindex wegen des neuartigen Coronavirus weitere gut fünf Prozent verloren und war zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit September 2013 eingebrochen.
Der MDax rückt zum Handelstart um 3,4 Prozent auf 19.892,11 Punkte vor. Der Index der mittelgroßen Börsentitel war am Vortag erstmals seit fast vier Jahren unter die Marke von 20.000 Punkten gefallen. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 erholt sich um gut vier Prozent.
VW steht nach gutem Jahr vor schwierigen Zeiten
Die Kernmarke des VW-Konzerns hat im vergangenen Jahr trotz eines durchwachsenen Geschäfts noch einmal einen höheren Gewinn eingefahren. Auch die Töchter Audi und Porsche konnten sich verbessern – mit Blick auf den weiteren Verlauf 2020 rechnet der weltgrößte Autokonzern aber mit deutlichen Folgen der Viruskrise. Konzernchef Herbert Diess warnte: „Die Corona-Pandemie stellt uns vor ungekannte operative und finanzielle Herausforderungen.“
Wie das Unternehmen am Dienstag bei der Vorlage der vollständigen Geschäftszahlen mitteilte, stieg das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen bei den VW-Pkw von 3,2 Milliarden Euro (2018) auf 3,8 Milliarden Euro (2019). Die Kosten zur Bewältigung der Dieselkrise blieben mit rund 1,9 Milliarden Euro ungefähr auf Vorjahresniveau. In diesem Jahr kommen weitere Ausgaben nach dem Vergleich für Dieselfahrer aus der Musterklage auf den Hersteller zu.
Der Umsatz der VW-Hauptmarke wuchs um 4,5 Prozent auf 88,4 Milliarden Euro. Der Anteil des Betriebsergebnisses daran kletterte zuletzt leicht von 3,8 auf 4,3 Prozent. Vorstandschef Diess will die wichtige Messgröße zur Gewinnspanne im Unternehmen schrittweise erhöhen.
Ausblick nicht vernünftig zu liefern
Volkswagen stellt seine gerade erst aufgestellten Geschäftsziele wegen der raschen Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie in Frage. Es sei ungewiss, mit welcher Wucht die Virus-Krise Volkswagen treffen werde, teilte der Autokonzern am Dienstag bei der Präsentation der endgültigen Geschäftszahlen 2019 mit. „Eine verlässliche Prognose ist derzeit nahezu unmöglich“, fügte Finanzvorstand Frank Witter hinzu und erklärte: „Wir schöpfen im Task-Force-Modus alle Maßnahmen aus, um unsere Mitarbeiter und deren Familien zu unterstützen und unser Geschäft zu stabilisieren.“
Vorstandschef Herbert Diess sagte, die Corona-Pandemie stelle den Konzern vor ungekannte operative und finanzielle Herausforderungen. Zudem seien nachhaltige Konjunktureinflüsse zu befürchten. „Durch die Bündelung unserer Kräfte, eine enge Zusammenarbeit und gute Moral im Konzern wird es uns gelingen, die Corona-Krise zu bewältigen.“
Der Wolfsburger Autobauer hatte sich nach dem Rekordgewinn im vergangenen Jahr erst vor gut zwei Wochen für 2020 eine Umsatzrendite erneut in einer Spanne von 6,5 bis 7,5 Prozent vorgenommen. 2019 lag die Marge auf Grundlage des bereinigten Betriebsgewinns mit 7,6 (Vorjahr 7,3) Prozent leicht darüber. Die Prognose hatte Diess bereits mit dem Hinweis verbunden, dass die Aussichten wegen der politischen Spannungen und Konflikte weltweit sowie der Ausbreitung des Coronavirus mit Risiken verbunden seien.
Moderna Aktie zieht weiter an
In den USA hat erstmals ein Freiwilliger testweise einen möglichen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus injiziert bekommen. Das sei Teil der ersten Phase des klinischen Tests des Impfstoffs an einem Forschungsinstitut in der nordwestlichen Metropole Seattle, teilten die zum US-Gesundheitsministerium gehörenden National Institutes of Health (NIH) am Montag mit. 45 gesunde freiwillige Teilnehmer zwischen 18 und 55 sollen in den kommenden Wochen an dem Test in dem Forschungsinstitut teilnehmen.
Der Impfstoff namens „mRNA-1273“ wird gemeinsam mit der privaten Biotechnologie-Firma Moderna entwickelt. Die erste Testphase habe in „Rekordzeit“ gestartet werden können, sagte Anthony Fauci, Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten. Der gesamte Prozess der Entwicklung eines Impfstoffes wird Fauci zufolge trotzdem voraussichtlich mindestens ein bis anderthalb Jahre dauern. Etliche Labors weltweit forschen derzeit an Impfstoffen gegen Covid-19.
Kurz & knapp:
Vapiano: Die bereits vor der Coronavirus-Krise angeschlagene Restaurantkette leidet unter den Folgen der angeordneten Lokalschließungen in vielen Ländern. Um das in den kommenden Wochen notwendige Geld aufzutreiben, sei das Unternehmen auf die von verschiedenen Regierungen in Europa angekündigten finanziellen Unterstützungsprogramme im Rahmen der Covid-19-Krise angewiesen. „Vapiano beabsichtigt daher, diese finanziellen Unterstützungen zu beantragen, in Deutschland zum Beispiel über die KfW“, teilte das Unternehmen am Montagabend in Köln mit. Darüber hinaus werde Vapiano Kurzarbeit sowie die Stundung von Steuerzahlungen beantragen.
Gea: Der Maschinenbauer rechnet aufgrund des neuartigen Coronavirus mit einer Ergebnisbelastung für das laufende Jahr. Das Unternehmen erwarte 2020 eine leicht rückläufige Umsatzentwicklung, sagte Unternehmenschef Stefan Klebert am Dienstag bei Vorlage der Geschäftszahlen für das Jahr 2019. Deshalb gehe er trotz der eingeleiteten Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung zum jetzigen Zeitpunkt von einem leichten Ergebnisrückgang aus. Für das Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen (Ebitda) und vor Restrukturierungsaufwand peile Gea im laufenden Jahr 430 bis 480 Millionen Euro an. 2019 betrug das bereinigte Ebitda 479 Millionen Euro.
Wacker: Nach dem Rutsch in die Verlustzone im vergangenen Jahr müssen sich Aktionäre von Wacker Chemie mit einer geringeren Dividende begnügen. Für 2019 sollen die Anteilseigner 0,50 Euro je Aktie erhalten, wie der Spezialchemiekonzern am Dienstag in München mitteilte. Das sind 2 Euro weniger als ein Jahr zuvor und weniger als Analysten im Mittel erwartet hatten. Das Unternehmen litt 2019 unter einer trägen Weltwirtschaft und schwierigen Solargeschäften.
BVB: Der Fußballverein Borussia Dortmund zieht seine Jahresprognose zurück. Grund sei die Entscheidung der Deutschen Fußball Liga (DFL), den Spielbetrieb der 1. und 2. Bundesliga bis mindestens 2. April auszusetzen, teilte der Bundesligist am Montag in Dortmund mit. Dabei gehe die DFL jedoch nicht davon aus, dass der Spielbetrieb am ersten April-Wochenende wieder möglich sein werde. Ursprünglich hatte sich Borussia Dortmund für das laufende Geschäftsjahr 2019/20 (per Ende Juni) ein Jahresergebnis im niedrigen einstelligen Millionen-Euro-Bereich vorgenommen.
Boeing: Die Probleme des US-Luftfahrtriesen nehmen laut US-Medien weiter zu. Aufgrund von Mitarbeitern, die mit dem Coronavirus infiziert seien, müssten die Gesundheitsbehörden nun über die weitere Produktion des Flugzeugbauers entscheiden, berichtete das „Wall Street Journal“ am Montag (Ortszeit). Laut einem internen Memo, auf das sich das Blatt bezieht, hatte der Konzern bis Sonntag 11 positiv auf den Virus getestete Beschäftigte und 339, die wegen des Verdachts auf Infizierung in Quarantäne seien. Weitere 87 seien in Quarantäne gewesen, aber schon wieder zur Arbeit zurückgekehrt. Der Finanzdienst Bloomberg berichtete unter Berufung auf Insider, dass Boeing bei der US-Regierung auf kurzfristige Finanzhilfen für sich selbst sowie für Zulieferer und Fluggesellschaften dränge. Der Airbus-Rivale versuche, Entlassungen und Schäden für Hunderte von kleineren Firmen in der Fertigungskette zu vermeiden.
Amazon: Der weltgrößte Online-Händler Amazon will einem starken Anstieg der Bestellungen aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus mit einer Einstellungsoffensive begegnen. Das Unternehmen kündigte am Montag an, in den USA 100.000 zusätzliche Voll- und Teilzeitkräfte für Lager und Auslieferung anzuheuern, um die gestiegene Nachfrage bewältigen zu können. Zudem will Amazon die Stundenlöhne für Beschäftigte in den USA, Kanada und Europa erhöhen. Dafür will der Konzern über 350 Millionen Dollar aufwenden.
In einem Firmenblog stellt das Unternehmen die Stellenausschreibungen wie eine Art Hilfsaktion in der Coronavirus-Krise dar. Während die Pandemie anhalte, helfe Amazon mit seinem Partnernetzwerk Gemeinden weltweit „wie wenige andere es können“ – durch die Versorgung mit wichtigen Lieferungen bis an die Haustüren bedürftiger Menschen. Dies sei in Zeiten sozialer Abgrenzung aufgrund des Virus besonders für Ältere und Schwache wichtig. Dass die vielen Bestellungen Amazon gute Geschäfte bescheren dürften, wird in dem Blog nicht thematisiert.
Von Markus Weingran /dpa-AFX
Foto: Sergey Kohl / Shutterstock.com
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