Wirtschaft kritisiert Regierung - Drohungen mit Testpflicht helfen nicht
Berlin (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft kritisiert Drohungen der Politik, eine Coronavirus-Testpflicht für Unternehmen einzuführen.
Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger sagte am Montag, private Firmen hätten ihre Anstrengungen zuletzt stark ausgeweitet. "Wir handeln, obwohl manche Unternehmen, deren Mitarbeiter und Familien im Moment vor sehr schwierigen wirtschaftlichen Herausforderungen stehen. Wir scheuen keinen Vergleich mit den Testanstrengungen der öffentlichen Hand zum Beispiel in Verwaltungen und in Schulen." Es gebe durch die höhere Nachfrage von Unternehmen aber Verzögerungen beim Nachschub.
Ein Testgesetz und Drohungen in diese Richtungen seien nicht hilfreich, sagte Dulger. Es würde nur mehr Bürokratie und höhere Kosten verursachen und die Eigeninitiative der Firmen bremsen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte der Wirtschaft zuletzt mit Auflagen gedroht, sollten Unternehmen ihren Mitarbeitern, die nicht im Homeoffice sind, nicht zwei Mal pro Woche Tests anbieten. Anfang April will sie wissen, wie viele Firmen genau Tests anbieten. Die Regierung werde auch eigene Erhebungen machen. Das Bundeskabinett werde am 13. April über eine Pflicht entscheiden.
Handwerks-Präsident Hans Peter Wollseifer sagte, die Firmen setzten um, was ihnen möglich sei. "Doch zur Wahrheit gehört auch, dass Testungen derzeit nicht selten daran scheitern, dass Test-Kits nicht zur Verfügung stehen. Das darf dann nicht zulasten der Betriebe gehen." Die Politik sei gefordert, eine schnelle Beschaffung von Selbst- und Schnelltests in ausreichender Menge und zu vertretbaren Preisen zu ermöglichen.
Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kritisierte pauschale Misstrauenserklärungen der Politik Richtung Wirtschaft. Bei größeren Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten liege die Quote bei 80 Prozent. "Durchschlagende Wirkung können die Tests ohnehin erst entfalten, wenn über eine funktionierende Tracing-App die Nachverfolgung schneller und leichter würde", so Michael Hüther. Hier fehlten noch Entscheidungen der Politik.
"Das Monitoring ist jetzt angelaufen", sagte eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums in Berlin. Rechtzeitig vor den nächsten Corona-Beratungen von Bund und Ländern sollten Ergebnisse vorliegen. Regierungssprecher Steffen Seibert ergänzte, Firmen könnten noch mehr Homeoffice für ihre Mitarbeiter nutzen und anordnen. Hüther erwiderte, in Büros seien bereits alle relevanten Vorkehrungen getroffen worden, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Fahrten ins Büro per Auto oder Rad seien zudem ungefährlich.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hatte vor gut einer Woche eine Umfrage zum Thema veröffentlicht. Demnach bietet knapp ein Fünftel der Unternehmen Beschäftigten regelmäßig Corona-Tests an. Weitere 28 Prozent wollen dies nach eigenen Angaben in Kürze tun. Je größer die Unternehmen, desto häufiger gebe es bereits Teststrategien oder entsprechende Pläne.