Kutzers Zwischenruf: Die Bullen beginnen zu wanken

Hermann Kutzer · Uhr

Dax-Minus bis 2 Prozent schon im Vormittagshandel – erst einmal nur ein Kratzer im Gesamtbild. Immerhin eine überdurchschnittliche Bewegung. Es bleibt völlig offen, ob, wann und wie tief die Aktienkurse weiter sinken werden. Kurz- bis mittelfristige Anleger sollten jetzt besonders vorsichtig werden, denn Fed-Politik und Corona-Welle sind Risikofaktoren, die man nicht unterschätzen darf. Analysten hoffen, dass die amerikanischen Währungshüter möglichst bald (schon in den kommenden Wochen) Stellung nehmen, ob sie doch noch im laufenden Jahr oder im ersten Quartal 2022 ihre Anleihekäufe reduzieren wollen („Tapering“). Entsprechende Spekulationen eines beginnenden Liquiditätsentzugs hatten gestern Abend die späte Wall Street belastet.

Hierzulande hatte vorher schon die wöchentliche Stimmungserhebung überraschende Ergebnisse geliefert: eine „ausgesprochen starke Risikoaversion“ der mittelfristig orientierten institutionellen Anleger. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist regelrecht abgestürzt und um 31 Punkte auf einen neuen Stand von -38 zurückgefallen. Dabei handelt es sich um den niedrigsten Stand des Index seit dem 10. Juni 2020, nur unweit entfernt vom niedrigsten Niveau seit Beginn der Aufzeichnungen (-40). Dass es zu einem so starken Stimmungsumschwung kam, hängt damit zusammen, dass sich die bisherigen Optimisten – sie machten 15 Prozent aller Befragten aus – praktisch direkt ins Bärenlager begeben haben. Kurzum: Diese Positionen wurden um 180 Grad von „long“ auf „short“ gedreht. Noch nie war das Bullenlager seit Beginn der Aufzeichnungen im August 2002 so leergefegt. Auch die Privatanleger sind inzwischen pessimistischer als zuvor eingestellt.

Mit der jüngsten Befragung wird deutlich, dass die institutionellen Investoren auf das Schlimmste gut vorbereitet scheinen, erläutert der damit befasste Verhaltensökonom Joachim Goldberg. Gut vorbereitet heißt aber auch, dass der Dax im Falle stärkerer Rücksetzer ab 15.400/15.450 Zählern durch mögliche Rückkäufe der Bären ordentlich abgesichert scheint. Vielleicht wird man schon bald feststellen, dass die Stimmung schlechter war als die Lage des Dax. Aber das ist Spekulation.

Gelassen können bis auf Weiteres nur die Aktienanleger mit einem längerfristigen Horizont sein. Optimistische Strategen behalten die europäischen Märkte im Auge: Denn das erwartete Gewinnwachstum des Stoxx 600 steht dem des S&P 500 in keiner Weise nach. Mit einem für 2021 erwarteten durchschnittlichen Kurs/Gewinn-Verhältnis von 17,7 ist der europäische Index allerdings deutlich günstiger bewertet als der US-amerikanische.

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