Westen startet Russland-Sanktionen - Nord Stream 2 auf Eis

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UKRAINE:Westen startet Russland-Sanktionen - Nord Stream 2 auf Eis

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- von Bart H. Meijer und Andreas Rinke und Andrew Osborn und Steve Holland

Brüssel/Berlin/Moskau/Washington (Reuters) - Als Reaktion auf die Anerkennung der Separatistengebiete in der Ukraine hat der Westen Sanktionen gegen Russland beschlossen.

US-Präsident Joe Biden sagte am Dienstag, eine erste Runde von US-Strafmaßnahmen habe unter anderem russische Banken und Staatsanleihen zum Ziel. Das jüngste Vorgehen Russlands komme dem Beginn einer Invasion der Ukraine gleich. Sollte die Moskauer Regierung ihren aggressiven Kurs fortsetzen, drohten noch schärfere US-Sanktionen. Auch die EU-Staaten verständigten sich auf Strafmaßnahmen. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte an, die Inbetriebnahme der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auf Eis zu legen. Am Abend sagte Scholz in der ARD und im ZDF, er würde nicht darauf wetten, dass Nord Stream 2 noch ans Netz gehe.

Putin will nach Ansicht des Bundeskanzlers die Grenzen in Europa ändern. Wer Putin zugehört habe, der wisse, dass ihn dies umtreibe, sagte Scholz in der ARD. "Der weiß auch, dass er tatsächlich vorhat, etwas zu verändern an der Geografie Europas." Wenn man Putin gewähren lasse, "haben wir sehr unfriedliche Zeiten vor uns". Den Sendern RTL/ntv sagte der Kanzler: "Wir sind auch in der Lage, noch weitere Sanktionen zu beschließen, wenn das passiert, was man angesichts des Militäraufmarsches nicht ausschließen kann, nämlich, dass es tatsächlich zu einer vollständigen militärischen Invasion der Ukraine seitens Russlands kommt."

Zuvor hatte Scholz erklärt, er habe das Wirtschaftsministerium angewiesen, eine Neubewertung der Versorgungssicherheit vorzunehmen, die Grundlage für eine Betrieberlaubnis von Nord Stream 2 ist. Die Pipeline soll Erdgas aus Russland direkt nach Deutschland transportieren. Deutschland ist Russlands größter Erdgas-Kunde. Das Einfrieren des Nord-Stream-2-Vorhabens gilt als eine der schärfsten Maßnahmen, die Europa zur Verfügung stehen.

US-KREISE: BIDEN SCHICKT SOLDATEN IN BALTEN-STAATEN

Biden erklärte, die erste Sanktionsrunde treffe das Geldhaus VEB sowie die auf Rüstungsgeschäfte ausgerichtete Promswjasbank. Die Maßnahmen gegen Geschäfte mit russischen Staatsanleihen bedeuteten, dass die Moskauer Regierung von Finanzierungen aus dem Westen abgeschnitten werde, so Biden. Der amerikanische Präsident kündigte zudem an, in Europa stationierte US-Truppen innerhalb des Kontinents zu verlegen. Aus Washingtoner Regierungskreisen verlautete, Soldaten, Hubschrauber und Kampfjets würden an die Nato-Ostflanke geschickt - darunter bis zu acht F-35-Kampfjets aus Deutschland. Vor allem Polen und die Balten-Staaten sollten gestärkt werden.

Wie die Washingtoner Regierung ist auch die EU laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu weiteren Sanktionen bereit. Zuvor hatten sich die EU-Außenminister auf Strafmaßnahmen gegen 27 russische Personen und Einrichtungen verständigt. Im Visier der EU sind ebenfalls Banken und der Rüstungssektor. Auch Russlands Zugang zu den europäischen Kapitalmärkten wird beschränkt. Dies sei eine Antwort auf Russlands aggressives Verhalten, sagte von der Leyen. "Wenn Russland die selbst verursachte Krise weiter eskaliert, sind wir als Antwort darauf zu weiteren Maßnahmen bereit."

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte, die sieben einflussreichsten westlichen Industrieländer (G7) und die EU seien sich einig im Umgang mit Russland. Sie habe "eine große Geschlossenheit" gesehen, erklärte Baerbock in Paris nach Beratungen der Außenminister der G7-Staaten und der EU. Die britische Außenministerin Liz Truss twitterte: "Die G7-Außenminister verurteilen Russlands Verletzung internationaler Abmachungen scharf." Als Reaktion darauf seien koordinierte Strafmaßnahmen mit zunehmender Härte verabredet worden. Großbritannien kündigte zudem Sanktionen gegen drei russische Milliardäre und fünf Banken an.

Das russische Oberhaus billigte unterdessen das Vorhaben Präsident Putins, Truppen im Donbass zum Schutz der beiden selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk zu stationieren. Putin erklärte, die Volksrepubliken seien in den Grenzen der Regionen Donezk und Luhansk anerkannt worden. Weite Teile dieser Gebiete stehen derzeit unter Kontrolle der ukrainischen Armee. Der Ukraine warf er erneut vor, den Minsker Friedensvertrag gebrochen zu haben. Er forderte die Regierung in Kiew auf, auf eine Nato-Mitgliedschaft zu verzichten.

Die Nato fürchtet, Putins Ziele gingen über den Schutz der Volksrepubliken hinaus. "Alle Zeichen deuten darauf hin, dass Russland weiter einen vollständigen Angriff auf die Ukraine plant", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg.

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