US-Präsident Biden wirbt beim Amerika-Gipfel um Einheit in der Region

dpa-AFX · Uhr

LOS ANGELES (dpa-AFX) - Nach dem Streit um die Teilnehmerliste für den Amerika-Gipfel hat US-Präsident Joe Biden bei seinen Kollegen aus der Region um Einheit geworben. "Wir haben die Chance, Wege zu finden, wie wir durch Kooperation mehr für alle unsere Bürger erreichen können. Und ich betone: gemeinsam", sagte Biden bei der Eröffnung der ersten Plenarsitzung des IX. Gipfels der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) am Donnerstag. "Es ist unsere Pflicht, ihnen zu zeigen, was Demokratien leisten können, wenn sie zusammenarbeiten."

Der diplomatische Konflikt um die Einladungen hatte bereits vor Beginn des Treffens für Ärger gesorgt. Die US-Regierung lud die Präsidenten von Kuba, Venezuela und Nicaragua nicht zu dem Gipfel ein. Daraufhin erklärten sich mehrere linke Regierungschefs wie Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador, Boliviens Staatschef Luis Arce und die honduranische Präsidentin Xiomara Castro solidarisch mit den nicht eingeladenen Politikern und sagten ihrerseits ihre Teilnahme ab. Auch die Staats- und Regierungschefs aus El Salvador, Guatemala, Uruguay und zwei kleinen Karibikstaaten kamen aus unterschiedlichen Gründen nicht zu dem Treffen.

Argentiniens Präsident Alberto Fernández machte sich zum Sprecher der Ausgeladenen und kritisierte die Einladungspraxis der US-Regierung. "Ich bedauere, dass heute nicht alle da sind, die hier sein sollten", sagte der linke Staatschef. "Wir hätten uns einen anderen Amerika-Gipfel gewünscht: Das Schweigen der Abwesenden klagt uns an." Der amtierende Präsident der Gemeinschaft der Staaten Lateinamerikas und der Karibik (Celac) schlug vor, dass der Gastgeber der Gipfeltreffen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) künftig nicht mehr über die Teilnehmerliste entscheiden darf.

Auch der Premierminister von Belize rügte die US-Regierung. "Dieser Gipfel gehört allen Menschen Amerikas. Es ist unentschuldbar, dass einige Länder des amerikanischen Kontinents nicht anwesend sind und die Kraft des Gipfels durch ihre Abwesenheit geschmälert wird", sagte John Briceño. "In dieser kritischen Phase, in der die Zukunft unserer Hemisphäre auf dem Spiel steht, sind wir gespalten. Und deshalb hätte der Amerika-Gipfel alle einbeziehen müssen. Die Geografie, nicht die Politik, definiert Amerika."

Angesichts der Kritik versuchte Biden, das Bild einer strahlenden Zukunft für die Region zu zeichnen, wenn nur alle zusammenarbeiten. "Es gibt keinen Grund, warum die westliche Hemisphäre nicht die zukunftsorientierteste, demokratischste, wohlhabendste, friedlichste und sicherste Region der Welt sein kann", sagte er. "Wir haben ein unbegrenztes Potenzial. Wir verfügen über enorme Ressourcen und einen demokratischen Geist, der für Freiheit und Chancen für alle steht."

Biden will das bis Freitag dauernde Treffen dazu nutzen, den Beziehungen zwischen Nord-, Mittel- und Südamerika sowie der Karibik einen neuen Impuls zu geben. Angesichts der immer stärkeren Präsenz Chinas in der Region bemühte sich die US-Regierung, den Nachbarn im Süden konkrete Angebote zu machen.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris kündigte Investitionen privater Unternehmen in Mittelamerika in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar an. Zur Stärkung des Gesundheitssektors nach der Corona-Pandemie sollen in Lateinamerika und der Karibik zudem 500 000 Ärzte und Pfleger ausgebildet werden. Über eine "Amerikanische Partnerschaft für wirtschaftlichen Wohlstand" wollen die USA die Lieferketten in der Region stärken, Investitionen vereinfachen und Jobs im Bereich der erneuerbaren Energien schaffen.

Im Kampf gegen die illegale Migration will Washington die lateinamerikanischen Länder hingegen stärker in die Pflicht nehmen. Biden kündigte für Freitag eine gemeinsame Deklaration zur Migration an. "Jedes unserer Länder ist von beispiellosen Migrationsbewegungen betroffen. Ich glaube, dass es unsere gemeinsame Aufgabe ist, diese Herausforderung zu meistern", sagte der US-Präsident.

Der Gipfel-Boykott der Präsidenten von Mexiko, Guatemala, Honduras und Salvador könnte dem ambitionierten Migrationsplan allerdings die Schlagkraft nehmen. Aus diesen Ländern kommt ein großer Teil der Migranten, die vor der Gewalt und der Armut in ihrer Heimat fliehen und in den USA ein besseres Leben suchen./dde/DP/stk

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