Lufthansa setzt nach Turnaround auf stabiles Wachstum

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- von Ilona Wissenbach

Frankfurt (Reuters) - Die Lufthansa will nach der verlustreichen Corona-Pandemie zurück zu alter Stärke finden.

Nach dem ersten Gewinn 2022 seit Ausbruch der Pandemie soll es für die Fluggesellschaft weiter aufwärts gehen. "Für unsere Gäste und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen wir weiter wachsen, die Zukunft prägen und unsere Marktposition ausbauen", erklärte Lufthansa-Chef Carsten Spohr, dessen Vertrag in dieser Woche vorzeitig bis Ende 2028 verlängert worden war, am Freitag. Im vergangenen Jahr erzielte die Airline-Gruppe ein bereinigtes Betriebsergebnis von 1,5 Milliarden Euro nach einem Defizit von 1,7 Milliarden Euro im Jahr zuvor. Der Umsatz verdoppelte sich fast dank starker Nachfrage nach Flügen von Reisenden und in der Luftfracht auf knapp 33 Milliarden Euro. "Die Lufthansa ist zurück. In nur einem Jahr ist uns ein nie zuvor erreichter finanzieller Turnaround gelungen", sagte Spohr.

Die Nachfrage sei ungebrochen hoch - und das trotz gestiegener Ticketpreise, denn die Durchschnittserlöse sollen weiter rund ein Fünftel über dem Vorkrisenniveau liegen. Den Gewinn will die Lufthansa 2023 "deutlich" steigern. Das wäre optimistischer als die Markterwartung von bislang maximal 1,65 Milliarden Euro, erklärte Alexander Irving, Analyst von Bernstein Research. Im kommenden Jahr peilt der Konzern acht Prozent Rendite an - das wären der Lufthansa zufolge über drei Milliarden Euro operativer Gewinn, mehr als in guten Jahren vor der Pandemie. Die Analysten von JP Morgan erklärten mit Blick auf die rekordhohen Barmittel von 2,5 Milliarden Euro, die Lufthansa gehe mit der stärksten Bilanz der traditionellen Netzwerk-Airlines aus der Krise hervor.

Erneut war allerdings die Frachttochter Lufthansa-Cargo mit einem Rekordergebnis von 1,6 Milliarden Euro größte Gewinnquelle, während die Passagier-Airlines wegen des schwachen ersten Halbjahres noch 300 Millionen Euro Verlust einfuhren. Ferner schlugen hohe Kosten von 555 Millionen Euro zur Entschädigung von Kunden für Flugausfälle und -verspätungen im Sommer zu Buche, als es in der Luftfahrt wegen Personalmangels überall klemmte. Auch in diesem Sommer dürfte noch nicht alles rund laufen, so nahm die Lufthansa bereits wieder Flüge aus dem Programm. Die Gewerkschaft Verdi sieht die Lösung in besserer Bezahlung der Mitarbeitenden und fordert Verhandlungen über eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro für alle Beschäftigten. "Wenn solche Anreize zum Verbleib in der Lufthansa fehlen, dann werden wir wieder einen Chaos-Sommer erleben", warnte Marvin Reschinsky, Verdis Konzernbetreuer für die Lufthansa.

Die Airlines der Gruppe - neben Lufthansa und dem Ferienflieger Eurowings die Schweizer Swiss, Austrian Airlines (AUA) und Brussels Airlines - beförderten 2022 insgesamt 102 Millionen Passagiere, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Swiss und AUA erzielten als erste wieder Gewinn. Auch unter dem Strich schaffte der MDax-Konzern, der Chancen auf eine Rückkehr in den Leitindex Dax bei der Überprüfung der Indizes der Deutschen Börse am Abend hat, schwarze Zahlen: Der Nettogewinn lag bei 791 Millionen Euro. Analysten hatten im Schnitt allerdings mit 875 Millionen Euro gerechnet.

ZUVERSICHT FÜR 2023

Im laufenden Jahr soll das Kapazitätsangebot bei den Passagierairlines auf 85 bis 90 Prozent gesteigert werden von 72 Prozent 2022. Ihre vergleichsweise vorsichtige Planung begründet die Lufthansa mit erwarteten weiteren Störungen im gesamten europäischen Luftfahrtbetrieb. Auch die Konkurrenz gibt sich optimistisch: Die British-Airways- und Iberia-Mutter IAG nahm sich ein operatives Ergebnis von 1,8 bis 2,3 Milliarden Euro vor nach 1,2 Milliarden im abgelaufenen Jahr. Air France-KLM setzt auf eine weitere Erholung und will das Angebot an Sitzplätzen fast auf die Kapazität von 2019 hochfahren nach 85 Prozent 2022. Europas größter Billigflieger Ryanair will in diesem Jahr 168 Millionen Tickets verkaufen, deutlich mehr als vor der Pandemie.

Bei der Frachttochter Lufthansa Cargo, die größte Gewinnquelle während der Corona-Krise, sollen Umsatz und Ergebnis nach einer Sonderkonjunktur allerdings zurückgehen. Die Transportpreise in der Luftfahrt waren während der Corona-Pandemie stark gestiegen - im vergangenen Jahr waren sie mehr als doppelt so hoch wie 2019. Das kehrt sich mit der schwächeren Konjunktur und wieder wachsenden Frachtkapazitäten mittlerweile um. Die Frachtpreise sinken, nach Einschätzung der Lufthansa gibt es aber keinen Einbruch bis aufs Vorkrisenniveau.

Für künftige Krisen will sich die Lufthansa, die mit milliardenschwerer Staatshilfe während der Pandemie gestützt werden musste, besser wappnen. Die Liquidität soll auf einem Niveau von acht bis zehn Milliarden Euro gehalten werden, mehr als doppelt so viel wie vor der Corona-Krise. "Nur eine starke Bilanz verschafft uns die nötige Widerstandsfähigkeit, um in die Zukunft unseres Unternehmens zu investieren und künftige Krisen zu bewältigen", erklärte Finanzchef Remco Steenbergen.

(Redigiert von Ralf Banser; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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