Raiffeisen Bank verdient prächtig in Russland und hebt Ziele an
- von Alexandra Schwarz-Goerlich und Tom Sims
Wien (Reuters) - Das Wiener Geldhaus Raiffeisen Bank International (RBI) profitiert weiter von seinem umstrittenen Russland-Geschäft.
Das österreichische Institut verdreifachte seinen Gewinn in dem Land, das Krieg gegen die Ukraine führt, im ersten Quartal auf 301 Millionen Euro von 96 Millionen Euro, wie aus einer am Freitag veröffentlichten Präsentation zur Quartalsbilanz hervorgeht. Die in vielen Ländern Osteuropas tätige Bank schraubte ihre Ziele für einige wichtige Kennzahlen nach oben. An der Wiener Börse legten die RBI-Papiere in der Spitze 4,3 Prozent auf 14,08 Euro zu. Seit Jahresbeginn liegen die Aktien jedoch zwölf Prozent im Minus, da die Bank wegen der profitablen Aktivitäten in Russland auch kritisiert wird.
So bekommt die RBI Druck von der Europäische Zentralbank (EZB), wie die Nachrichtenagentur Reuters im März von Insidern erfahren hatte. Sie verlange von der Bank zwar keinen sofortigen Rückzug aus Russland, poche aber auf einen Plan, wie das Bankgeschäft dort aufgegeben und die Risiken bewältigt werden können. Zudem geriet die RBI ins Visier der US-Sanktionsbehörde OFAC, die von der Bank einige Fragen zu ihrem Russland-Geschäft beantwortet haben will. Die RBI ist die zehntgrößte Bank Russlands und neben der italienischen UniCredit die noch am stärksten in Russland aktive europäische Bank.
Die RBI, die bereits seit fast 30 Jahren in Russland tätig ist, hatte sich nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine im Februar 2022 zunächst alle Optionen offengehalten. Kritiker werfen der Bank daher vor, sie wolle den Krieg aussitzen. Ende März schränkte Bankchef Johann Strobl dann die Möglichkeiten ein: Man verfolge nun einen Verkauf oder eine Abspaltung der Russland-Tochter. Währenddessen werde das Geschäft weiter reduziert, hieß es. Laut früheren Aussagen von Strobl sei die Bank in Gesprächen mit zwei Interessenten
Experten halten jedoch weder einen Verkauf noch eine Abspaltung derzeit für wahrscheinlich, da ein Rückzug aus dem Land nur mit Zustimmung von Präsident Wladmir Putin erfolgen darf und an Auflagen geknüpft ist. Selbst Aufsichtsratchef Erwin Hameseder dämpfte bei der Hauptversammlung Ende März die Erwartungen: "Der Marktwert unserer Beteiligung, für die sich in der aktuellen Lage kaum ein wünschenswerter Käufer finden lässt, ist drastisch gesunken." Bei einer Abspaltung, die auch der Zustimmung der Aktionäre bedürfe, würden die Anteilseigner zwei Aktien besitzen, eine für die RBI ohne Russland und eine zweite für das Russland-Geschäft. Die zweite Aktie müsste dann an einer europäischen Börse notieren.
RUSSLAND TRÄGT FAST DIE HÄLFTE ZUM KONZERNGEWINN BEI
In den ersten drei Monaten trug Russland rund 46 Prozent zum Konzerngewinn von 657 (Vorjahr: 442) Millionen Euro bei. Damit lag die RBI über den Erwartungen von Analysten, die im Schnitt mit einem Nettogewinn von 528 Millionen Euro gerechnet hatten. Die Geschäfte in Russland seien zurückgefahren worden, erklärte die Bank. "Wir haben im ersten Quartal 2023 in Russland sowohl das Kreditgeschäft als auch das Zahlungsverkehrsgeschäft weiter reduziert", sagte Strobl. Einige Bankgeschäfte wolle man aber beibehalten, um die Bedingungen zur Aufrechterhaltung der Banklizenz zu erfüllen, hieß es.
Profitiert habe die RBI in Russland vor allem von einem Anstieg des Zinsüberschusses auf 377 Millionen Euro nach 222 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum, was auf einen höheren Zinssatz und einen stärkeren Rubel zurückzuführen sei. Weil die Bank das Kreditgeschäft zurückfahre, sei das Kreditvolumen um 24 Prozent gesunken. Die Zahl der Kunden in Russland ging um 13,3 Prozent auf 3,2 Millionen zurück, die Zahl der Filialen schrumpfte leicht auf 124 von zuvor 131. Die Zahl der Mitarbeiter in Russland stieg allerdings um 2,3 Prozent auf 9890. Gewinne abziehen kann die Bank aus Russland derzeit aufgrund der Sanktionen nicht.
Im Konzern ging die Risikovorsorge auf 301 Millionen Euro nach 319 Millionen Euro leicht zurück. Der Großteil sei auf Russland zurückzuführen, wo die Bank 280 Millionen Euro für Kreditausfälle zur Seite gelegt habe. In der Ukraine sei mit 28 Millionen Euro vorgesorgt worden. Dort ging die Zahl der Filialen auf 328 zurück, die Zahl der Kunden blieb aber mit 2,9 Millionen stabil. Unter dem Strich erzielte die Bank dort einen Gewinn von 53 Millionen Euro, nachdem im Jahr davor ein Verlust von 41 Millionen Euro angefallen war.
(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich und Tom Sims; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)