ProSiebenSat.1 streicht mindestens dreistellige Zahl von Jobs

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Berlin (Reuters) - Die Senderkette ProSiebenSat.1 baut wohl mindestens mehrere hundert Jobs ab.

"Die Verkleinerung, auf die wir uns vorbereiten, ist signifikant umfangreicher als die früheren Umstrukturierungen, die wir in unserer Gruppe hatten", sagte Konzernchef Bert Habets am Dienstagabend in Frankfurt. Zuletzt seien 2019 etwa 120 Vollzeitstellen weggefallen. Konkreter äußerte sich Habets nicht. Zuerst sollten die Gespräche mit dem Betriebsrat abgeschlossen werden. Dann stehe ein schwieriger Sommer bevor, wenn man die Redimensionierung umsetzen werde. Mit Kostensparen und Fokus auf das Unterhaltungsgeschäft will Habets den Konzern um ProSieben, Sat.1 und Kabel 1 wieder fit machen.

Zunehmend wichtiger soll hier die Streaming-Plattform Joyn werden. Sie soll ihre monatliche Reichweite von vier Millionen Nutzern in bis zu zwei Jahren verdoppeln. Joyn bleibe weitgehend kostenlos, sagte Habets. Danach werde geprüft, wie man mehr Geld damit verdienen könne. Am Anfang stehe aber Wachstum im Vordergrund. Gewinn zu machen sei eher ein langfristiges Ziel, sagte der seit November amtierende Niederländer. Er bekräftigte, dass es Kooperationen mit anderen Partner geben soll, etwa mit den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF.

Größter Investor bei den Bayern ist die italienische MFE-Mediaforeurope, die von der Familie des jüngst verstorbenen Ex-Regierungschefs Silvio Berlusconi kontrolliert wird. Nummer zwei ist die tschechische PPF-Gruppe der Milliardärin Renata Kellnerova. Beide Aktionäre stünden klar hinter der Strategie, Unterhaltung stärker in den Mittelpunkt zu rücken, sagte Habets. Kooperationen würden geprüft, wo es die Logik der Branche erlaube. Dazu lote man aus, Arbeitsgruppen etwa mit MFE einzusetzen, signalisierte der ProSiebenSat.1-Chef. Er räumte aber ein, dass ProSiebenSat.1 auf lokale Inhalte fokussiert sei und deshalb das Potential für Synergien hier eher begrenzt sei.

MEDIENWÄCHTER - KEIN STARKER EINFLUSS VON MFE AUF PROSIEBEN

MFE hält aktuell direkt 26,58 Prozent an ProSiebenSat.1 und über Finanzinstrumente insgesamt rund 29 Prozent. Dies führe derzeit "nicht zu einem beherrschenden oder einer Beherrschung vergleichbaren Einfluss" von MFE auf den bayerischen Konzern, erklärte die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Die Medienwächter betonten aber, dass eine faktische Stimmrechtsmehrheit der Italiener bei der ProSieben-Hauptversammlung am 30. Juni "zu einer abweichenden Bewertung und infolgedessen zu einer Zurechnung der Programme der ProSiebenSat.1-Gruppe zur MFE führen" könnten. Dies würde die KEK dann erneut prüfen. MFE äußerte sich dazu nicht.

Die Aufsicht nimmt Investoren genau unter die Lupe, die mehr als 25 Prozent an Medienunternehmen halten. Der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Thorsten Schmiege, hatte jüngst der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, die Anteilserhöhung von MFE werde vor allem unter dem Gesichtspunkt der Staatsferne geprüft. Dies dürfte nun hinfällig sein. Denn Berlusconi, der Senator und Chef einer der Regierungsparteien Italiens war, ist am Montag gestorben.

Wie sich Berlusconis Tod auf ProSiebenSat.1 auswirke, hänge davon ab, was dessen Kinder letztlich entschieden, erklärte Habets. "Alles, was wir dazu sagen können, wäre spekulativ", betonte der Manager. "Aber die Tatsache, dass es eine neue Dynamik geben wird, ist für jeden klar."

Zur Zukunft der Dating-Sparte ParshipMeet Group sagte Habets, einen Börsengang oder Verkauf werde es frühestens im zweiten Halbjahr 2024 geben.

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Ralf Banser; - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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