Regierung plant bei Wohnungsgipfel am Montag weitere Hilfen

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- von Christian Krämer

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung will die krisengeplagte Baubranche mit weiteren Hilfen stützen.

Es werde im Rahmen des Möglichen auf die veränderten Rahmenbedingungen mit deutlich höheren Zinsen reagiert, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Kanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz (beide SPD) wollen sich am Montagnachmittag zur Lage der Branche äußern. Einem Insider zufolge plant die Regierung weniger strenge Vorgaben für Neubauten. So solle der sogenannte EH-40-Standard zur Dämmung von Häusern zeitlich befristet ausgesetzt werden, vermutlich bis zum Ende der Amtszeit der Ampel-Koalition Ende 2025. Außerdem ist ein neues Förderprogramm mit zinsgünstigen Baukrediten für Familien geplant. Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP hatte zuletzt bereits bessere Abschreibungsmöglichkeiten auf den Weg gebracht.

Überschattet wurden die Vorbereitungen auf das Treffen - das sogenannte Bündnis bezahlbarer Wohnraum - von der Absage von zwei Verbänden und schweren Vorwürfen gegen die Regierung. Die Verbände GdW sowie Haus&Grund warfen Scholz vor, nicht angemessen auf die aktuelle Branchenkrise zu reagieren. "Wir brauchen wirklich etwas mit Wumms", so GdW-Präsident Axel Gedaschko. Haus&Grund-Präsident Kai Warnecke nannte die Absage ein notwendiges Signal an die Regierung. "Es kann nicht so weitergehen." Die Ampel verteuere den Neubau mit dem Heizungsgesetz noch zusätzlich. Der Neubau werde massiv erschwert in einer ohnehin schon schwierigen Lage.

Auf die Frage, ob das Treffen durch die Absagen entwertet werde, sagte Regierungssprecher Hebestreit: "Nein, das kann ich nicht sehen." Es würden immer noch 35 Verbände und Vereinigungen teilnehmen. "Es ist immer besser, miteinander zu sprechen als übereinander." Ein Sprecher des Bauministeriums sagte, vor mehr als einem Jahr seien 187 Maßnahmen für bezahlbareren Wohnraum beschlossen worden. Jetzt gehe es darum, eine Bilanz zu ziehen. Der Großteil der Maßnahmen sei in Umsetzung.

WIRTSCHAFT GESPALTEN - "MÜSSEN IM DIALOG BLEIBEN"

GdW sowie Haus&Grund betonten, bei dem Treffen am Montag zu wenig Rederecht und Einfluss auf die Agenda zu haben. Eine Mitarbeit an dem geplanten Hilfspaket sei mit dem Kanzleramt auch nicht möglich gewesen. Es werde ohnehin nur ein Paket mit kleinteiligen Maßnahmen präsentiert. Der GdW vertritt rund 3000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen - und damit vor allem Bestandswohnungen. Haus&Grund repräsentiert die Eigentümer von Wohnungen, Häusern und Grundstücken.

Andere Immobilienverbände kritisierten die Absage als falsch. "Wir müssen im Dialog bleiben", sagte Andreas Mattner vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA). Vor allem Projektentwickler gingen derzeit Pleite. Sie würden aber dringend benötigt, sobald sich die Lage erhole. Daher seien jetzt mehr Hilfen der Regierung nötig. "Die Zinsen sind explosionsartig gestiegen." Das überfordere viele Projektentwickler. Peter Hübner, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, forderte substanzielle Maßnahmen. Bauen müsse wieder bezahlbar werden, sonst würden soziale Spannungen noch zunehmen. Perspektivisch würden sonst weniger als 200.000 Wohnungen pro Jahr gebaut.

Die Ampel hat sich eigentlich vorgenommen, dass mindestens 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden, ist davon aber weit entfernt. Im ersten Halbjahr 2023 sind die Baugenehmigungen um gut 27 Prozent eingebrochen. Die Baupreise waren im zweiten Quartal um knapp neun Prozent zum Vorjahr gestiegen.

Das Kabinett hatte zuletzt beschlossen, dass der stockende Wohnungsbau mit besseren Abschreibungsmöglichkeiten forciert werden soll. Das sogenannte Wachstumschancengesetz, in dem diese verankert sind, ist aber umstritten und dürfte im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat landen. Weitere Maßnahmen könnten am Montag den Abbau regulatorischer und bürokratischer Vorgaben beim Bauen umfassen.

Marcus Nachbauer, Vorsitzender der Bundesvereinigung Bauwirtschaft, sagte, ein Abwarten dürfe es nicht mehr geben. Die Regierung müsse Impulse für den Wohnungsbau setzen. "Bei der Wohneigentumsförderung für Familien sollte die Kopplung an den EH-40-Standard zumindest temporär entfallen." Der Sparkassenverband kritisierte zudem, das KfW-Förderprogramm für zinsverbilligte Kredite zum Bauen für Familien sei in den ersten drei Monaten nur 212 Mal abgerufen worden. Hier müsse dringend nachgesteuert werden.

(Weitere Reporter: Klaus Lauer und Andreas Rinke, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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